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Katzenjammer nach dem Si

■ Italiens Referendums-Gewinner uneinig über die Konsequenzen

Rom (taz) – Der Erfolg hat viele Mütter. In Italien geht nach der überwiegenden Zustimmung zu den acht Volksabstimmungen nun der Streit darüber, wer den „Volkswillen“ interpretieren darf. Erstaunlicherweise hat in diesem Fall auch die Niederlage Väter. Nachdem die Feiern der Sieger – mehrheitlich die großen Parteien – vorbei sind, strahlen plötzlich die Verlierer vor Freude. Sadistisch fordern sie: „Nun macht mal schön.“

Das wird nicht leicht sein. Viele WählerInnen erkennen erst jetzt, daß zahlreiche Versprechen der „Ja“-Fraktionen gar nicht einzuhalten sind. So hieß es vor dem Abstimmungstag, die Eliminierung der drei Ministerien Landwirtschaft, Staatsbeteiligungen und Tourismus werde künftig die Rolle der Regionen stärken. Pustekuchen! Die Verfassung sagt, daß die Kompetenzen nun dem Regierungschef direkt zufallen. Ebenso wie die Aufhebung der Umweltzuständigkeit der örtlichen Gesundheitsämter die Dinge wieder in die Hand des Regierungschefs legt und nicht, wie erhofft, in die der Regionalregierungen.

Speziell bei dem wichtigsten Referendum, das zur Änderung des Wahlgesetzes für den Senat, herrscht nun Katzenjammer: die Korrektur durch die Volksabstimmung – nach italienischem Recht können nur Artikel getilgt, keine neuen eingeführt werden – hat aus dem bisher geltenden Verhältnis- ein reines Mehrheitswahlrecht gemacht. Damit aber ist niemand so recht zufrieden. Zwar können sich die zwei größten Altparteien, Christdemokraten und Demokratische Partei der Linken (die aus der KP hervorgegangene PDS) im Verein mit den in Norditalien starken „Ligen“ ausrechnen, daß sie die Sitze untereinander aufteilen und die kleineren Gruppierungen faktisch alle ausscheiden werden. Da aber keiner der drei Großen sicher ist, eine absolute Mehrheit zu erringen, sind doch wieder Koalitionspartner nötig – und die möchte man durch eine Korrektur der eben erfolgten Korrektur erreichen, etwa die Reservierung eines Teils der Sitze für kleinere Parteien. Formal hat das Parlament das Recht zu einem neuen Wahlgesetz, doch gerade die über 80 Prozent Zustimmung zum reinen Mehrheitswahlrecht machen dies schwierig.

Doch die Sache kompliziert sich noch weiter: geändert wurde nur das Wahlgesetz für den Senat, nicht aber das für das Abgeordnetenhaus – dort wird weiter nach dem Verhältniswahlrecht abgestimmt. Das aber bedeutet: während sich im Senat voraussichtlich drei Parteien die Sitze teilen und möglicherweise eine stabile Mehrheit entstehen könnte, würde sich in der Deputiertenkammer das alte Bild von zehn und mehr Fraktionen ergeben. Einzige Chance wäre die Änderung des Wahlgesetzes auch für die Deputiertenkammer – doch dagegen haben nicht nur die kleineren Oppositionsparteien den Kampf angesagt, sondern auch die Juniorpartner der Regierung, Sozialdemokraten, Liberale und Sozialisten.

Die „Nein“-Sager haben genau das vorausgesagt. Und wollen das in der für heute angesetzten Debatte im Parlament, nach der Regierungschef Amato seinen Rücktritt erklären wird, zum Hauptthema machen. Staatspräsident Scalfaro wird nichts anderes übrigbleiben, als schleunigst eine sogenannte „institutionelle Lösung“ zu suchen: ein Kabinett aus Fachleuten außerhalb der Parteien, das eine gründliche Verfassungsreform ausarbeitet und Neuwahlen für beide Häuser des Parlaments einleitet. Werner Raith

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