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Czichon bei peinlichen Ausreden erwischt

■ Stadtwerke-Chef verschwieg SPD-Kontakte / Klose: Von Spenden-Zweck nie etwas gehört

Es sei doch merkwürdig, ereiferte sich der CDU-Politiker Günter Niederbremer im Stadtwerke- Ausschuß: Immer, wenn bei der Diskussion der SPD-Spende der Stadtwerke, die angeblich nur für die Bonner Energiepolitik gedacht war, die Sprache auf Querverweise zur bremischen SPD komme, dann erinnere sich der Stadtwerke-Chef Czichon merkwürdig schlecht oder schlicht falsch. Gestern kam es in diesem Zusammenhang zu einem dramatischen Höhepunkt im Ausschuß: Czichon mußte sich neben den SPD-Schatzmeister Erling setzen, um sich der falschen Aussage über ein Telefongespräch mit Erling überführen zu lassen.

Es ging in jenem Sommer 1992 in der öffentlichen Diskussion um die erste 30.000-Mark-Rate der Stadtwerke-SPD-Spende. Hinter den Kulissen ging es klammheimlich um die zweite Rate: Czichon hatte dem Ausschuß berichtet, in seiner Kur habe er das Thema hin und her überlegt und sei Ende Juli zu der Überzeugung gekommen, die zweite, im April 1992 geflossene Rate der Spende sollte möglichst geräuschlos zurücküberwiesen werden. Er habe Anke Fuchs um diskrete Vermittlung gebeten und nicht einmal seinem Vorstandskollegen Willipinski davon erzählt.

Nachdem die Bonner Schatzmeisterin Wettig-Danielmeier der taz versichert hatte, sie habe über das Thema nicht mit Czichon oder Anke Fuchs, sondern mit dem Bremer Schatzmeister-Kollegen Erling verhandelt, erinnerte sich Czichon: Den habe er auch um Vermittlung gebeten — nach seiner Kur, Ende Juli. Auf die Frage, ob er vorher aus der Kur mit der SPD telefoniert hatte, sagte Czichon noch vor einer Woche ganz klar: Nein.

Nun hatte aber Erling am 9.Juli 1992 in Bonn über das Stadtwerke- Geld verhandelt, Czichon kam erst am 20.7. aus der Kur zurück. Czichon erklärte gestern zunächst, bei dem anschließenden Telefongespräch habe der Schatzmeister ihm nicht gesagt, daß er schon in Bonn verhandelt hatte.

Als Erling neben ihm Platz genommmen hatte und aussagte, hörte sich die Geschichte plausibler an: Er habe Czichon angerufen, um ihm zu sagen: Es gibt keinen Grund, sich zu beunruhigen, ich war bereits in Bonn und habe mit Wettig-Danielmeier gesprochen... Die beiden SPD- Genossen, die sich bisher nicht kannten, hätten 5-10 Minuten telefoniert, erinnerte sich Erling. Und haben sich dabei selbstverständlich geduzt.

Der Stadtwerke-Chef, mit dieser Aussage des Mannes im Zeugenstuhl neben ihm konfrontiert, wich auf eine peinliche Notlüge aus: „Bei mir ist nicht der Groschen gefallen, daß Du gesagt hättest: Die Sache ist so gut wie klar.“

Czichon sagte, er habe „aus der Kur“ im Parteibüro Bremen angerufen und gefragt, wer der neue Schatzmeister sei. Wer da am Telefon gewesen sei, wisse er nicht. Der da am Telefon war, weiß es besser: der Landesvorsitzende Horst Isola persönlich. Also doch aus der Kur mit der SPD telefoniert, stellte der Ausschuß bitter fest. Daß er den Landesvorsitzenden an der Strippe hatte, will Czichon nicht gemerkt haben.

Isola erinnert sich dagegen genau: Czichon habe sehr wohl gewußt, mit wem er redet und sein Anliegen erklärt. Isola habe daraufhin ihm sinngemäß gesagt: Wir haben den Schatzmeister Erling schon damit beauftragt, da mußt Du mit dem reden. Dies hatte Isola auch seinem Schatzmeister berichtet, deshalb hatte der den Stadtwerke-Chef Czichon angerufen.

Die SPD-Mitglieder im Stadtwerke-Ausschuß hatten bei dieser bühnenreifen Vorstellung längst die Sprache verloren und das Fragen eingestellt, als Niederbremer die Notwendigkeit einer „internen Beratungspause“ anmeldete.

Auch in einem anderen Zusammenhang erinnert sich der Stadtwerke-Chef nicht an Kontakte zur Bremer SPD: Nur im engsten Stadtwerke-Vorstandskreise sei im Dezember der Beschluß über die 90.000 Mark für die Bonner SPD vorbereitet worden, versicherte Czichon mehrmals.

Im Ausschuß war aber von anderen berichtet worden, daß der damalige Bremer SPD-Schatzmeister Kähler im Dezember 1991 schon davon wußte - und zwar von Czichon selbst.

Am Vormittag hatte der damalige Bonner SPD-Schatzmeister Hans-Ulrich Klose in aufgeräumtem Tonfall erzählt, von einer möglichen Verrechnung zwischen dem Wahlkampf-Kredit und der Stadtwerke-Spende habe er nie etwas erfahren. Von einem gemeinten Zusammenhang zwischen dem überraschend auf dem Konto auftauchenden Bremer Stadtwerke-Tausendern und der SPD- Energiepolitik in Brüssel hatte Klose allerdings auch nie etwas gehört. K.W.

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