■ Das Portrait: Abdel Aziz Rentisi
Als Sprecher der 396 palästinensischen Deportierten im Niemandsland zwischen dem Libanon und der von Israel besetzten „Sicherheitszone“ ist sein Name rund um die Welt gegangen: Abdel Aziz Rentisi. Zusammen mit dem stimmlosen Scheich Ahmed Yassin gilt er als einer der Mitbegründer von Hamas, die aus der Moslembruderschaft hervorgegangen ist.
Rentisi war ein siebenmonatiger Säugling, als seine Familie 1948 nach der Gründung des Staates Israel nach Khan Yunis in den Gaza- Streifen floh. Das Zelt, in dem sie die ersten Jahre lebten, und die Armut haben tiefe Spuren in seiner Erinnerung hinterlassen. Kein Wunder, daß hier in den 50er Jahren die ersten Widerstandszellen von Al-Fatah und später von Hamas entstanden.
Als der Gaza-Streifen 1967 von der israelischen Armee besetzt wurde, hatte Abdel Aziz Rentisi gerade in Ägypten sein Medizinstudium aufgenommen. Während dieser Zeit hatte er auch seine ersten Kontakte mit der Moslembruderschaft. 1976 kehrte er als erster Kinderarzt nach Khan Yunis zurück. Rentisi machte sich durch sein couragiertes Auftreten gegen die Gesundheitspolitik der Besatzung einen Namen als islamischer Gandhi. 1983 rief er zu einem Steuerboykott auf. Er wurde vor die Alternative gestellt: Steuern nachzahlen oder Gefängnis. Er wählte das Gefängnis. Seine Praxis wurde zwangsversteigert.
Sprecher der deportierten Palästinenser Foto: Reuter
Kurz nach Beginn der Intifada im Dezember 1987 wurde er erneut verhaftet. Man warf ihm vor, einer der Führer des Aufstandes zu sein. Bis zu seiner Deportation verbrachte er mit kurzen Unterbrechungen insgesamt 43 Monate im Gefängnis.
Rentisi gehört zum gemäßigten Flügel von Hamas. In den ersten Winterwochen im Libanon wandte er sich gegen Überlegungen, die Rückkehr der Deportierten durch Kamikazeaktionen gegen die israelischen Grenztruppen zu erzwingen. „Wir wollen keine Provokation, unsere Sache ist ein politisches Anliegen, für das wir die Unterstützung der Weltöffentlichkeit brauchen“, pflegte er die Hitzköpfe in den eigenen Reihen in die Schranken zu weisen. Er wies iranische Versuche zurück, die Deportierten für sich zu vereinnahmen, und verhinderte eine Verurteilung der ägyptischen Regierung wegen des Vorgehens gegen die dortige islamische Opposition. Ivesa Lübben
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