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■ Erneut erwägen die USA eine Intervention in BosnienPolitik, Performance oder Farce?

Politik oder Performance? lautet wieder einmal die Frage. Hat die Clinton-Administration im Fall Bosnien endlich das strategie- und identitätsstiftende Rezept gefunden, mit dem sich ein außenpolitischer Eiertanz in konsequente Politik umwandeln läßt? Oder sind die amerikanische Presse, die internationale Öffentlichkeit, die Menschen in Sarajevo, Goražde, Tuzla und den anderen muslimischen Enklaven in Bosnien wieder einmal Zeugen eines Bluffs, eines zyklisch wiederkehrenden Triebs zur Kriegsbemalung, die dann wieder abgewaschen wird, wenn die anderen Alliierten nicht mitspielen?

Geblufft hat Bill Clinton, als er im Frühling die Aufhebung des Waffenembargos und den Einsatz der Luftwaffe „in Erwägung zog“, worauf das Duo Karadžić/Milošević in Athen den Vance-Owen-Plan unterzeichnete. Geblufft haben USA und UNO, als sie über Bosnien eine „No-Fly-Zone“ einrichteten. Geblufft hat die internationale Öffentlichkeit, als sie mit großem Geschrei die Auflösung der Vergewaltigungs-Foltercamps forderte – notfalls mit Hilfe militärischer Intervention. Nun ist Bluffen an sich keine dumme Taktik – vorausgesetzt, man läßt die andere Seite im unklaren über mögliche Konsequenzen. Die Serben jedoch durften sich schnell sicher sein, daß ihr Wechselspiel zwischen Performance am Verhandlungstisch und faktischer Politik in Form eines Eroberungskriegs keine Konsequenzen haben würde. Die „ethnischen Säuberungen“ werden unvermindert fortgesetzt. Der Vance-Owen-Plan, der sich angesichts der nun besiegelten Dreiteilung Bosnien-Herzegowinas wie eine segensreiche Idee ausnimmt, wurde durch ein Referendum der bosnischen Serben zur Makulatur. Die „No-Fly-Zone“ existiert nur auf dem Papier der UNO-Resolution, nicht aber in der Realität. Die Vergewaltigungslager existieren weiterhin in der Realität, aber nicht mehr auf den Kanälen der ARD, BBC oder CNN.

Kein Wunder also, daß sich die Serben von den jüngsten Interventionsplänen der USA kaum beeindruckt zeigen. Schließlich teilt man gerade in Genf zusammen mit den Kroaten die Beute auf. Die amerikanischen Drohgebärden erscheinen da wie ein letzter, hilfloser Versuch, die Verhandlungsposition des Beuteopfers, der bosnischen Regierung, zu stärken. Doch es ist gut möglich, daß sich dieses Mal verschätzt, wer den USA wiederum nur Bluffen unterstellt. Luftangriffe auf serbische Stellungen um Sarajevo sind für Washington die letzte Chance, nach Monaten eines politisch verheerenden Zickzackkurses das Gesicht zu wahren – und zu verhindern, was sonst unausweichlich ist: daß Sarajevo entweder militärisch erobert wird oder seine Bewohner durch die fortgesetzte Belagerung im Winter zugrunde gehen.

Nur: Mögen die Intentionen der Clinton-Administration noch so wohlmeinend sein, die jüngsten Interventionspläne (so sie denn umgesetzt werden) zeichnen sich wieder einmal durch krasse Kurzsichtigkeit aus. Um die Belagerung Sarajevos und anderer muslimischer Enklaven aufzuheben, reichen Luftangriffe nicht aus. Es bedarf dazu eines massiven Einsatzes von UNO-Bodentruppen, die nicht nur die Kriegsparteien auseinanderhalten, sondern auch die Lieferung von Hilfsgütern wieder sicherstellen. Spätestens hier stellt sich nicht mehr die Frage nach Politik oder Performance. Hier wird die Situation zur Farce: In den UNO-Kassen wäre momentan nicht einmal genug Geld vorhanden, um ein solch groß angelegtes Hilfsprogramm zu finanzieren. Andrea Böhm, Washington

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