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■ Das PortraitBernd Schmidbauer

Der neue Staatsminister im Kanzleramt, so berichtete die taz im Dezember 1991, gilt in Bonn als integer und klug. 1939 in Pforzheim geboren, 1983 als CDU-Abgeordneter in den Bundestag eingezogen, hatte er sich bis dahin als Staatssekretär im Umweltschutzministerium profiliert. Klugheit, zumindest Gewitztheit, wird man ihm auch jetzt nicht absprechen. Seine Integrität aber wird bezweifelt. Seit sich in der Springer- Presse Enthüllungsstories über angebliche Spione aus den Reihen der Opposition häufen, wird die SPD den Verdacht nicht los, mit einer aus dem Kanzleramt gesteuerten Kampagne konfrontiert zu sein. Drahtzieher: Bernd Schmidbauer. Ob tatsächlich Schmidbauer selbst BILD und andere mit diskreditierenden Informationen über Politiker aus anderen Parteien versorgt, ist zwar nur eine Vermutung – sicher dagegen ist, daß Schmidbauer Indiskretionen verhindern müßte. Er ist zuständig für die Kontrolle und Koordination der drei bundesdeutschen Geheimdienste. Er führt die Fachaufsicht über den direkt dem Kanzleramt unterstellten Bundesnachrichtendienst und soll dafür sorgen, daß der dem Innenminister unterstellte Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst, der dem Verteidigungsministerium zugehörig ist, sich nicht in die Quere kommen. Der Job gilt als affärenträchtig. Beide Vorgänger hatten jedenfalls einen unrühmlichen Abgang gemacht. Waldemar Schreckenberger, ein Kohl- Intimus, galt bald als Bermudadreieck und mußte seinen Hut nehmen, nachdem er in der U-Boot-Affäre versagt hatte. Lutz Stavenhagen stolperte über einen aufrechten Zöllner im Hamburger Hafen, der Panzer nicht als Mähdrescher identifizieren wollte und deshalb umfangreiche illegale Waffenlieferungen an Israel aufdeckte.

Geheimdienstkoordinator und Dreckschleuder? Foto: Jürgen Eis

Schmidbauer konnte dagegen gleich mit einem Erfolg aufwarten. Nach jahrelangen Verhandlungen erntete er die Mühen anderer und holte die beiden Hisbollah-Gefangenen Heinrich Strübig und Thomas Kemptner im Libanon ab. Dabei setzte er sich selbst derartig in Szene, daß er nach Meinung der Wasserträger im Auswärtigen Amt die Aktion in letzter Minute noch gefährdete. Schmidbauer gilt als unmittelbarer Kohl-Schützling. Der Kanzler nimmt ihn auch jetzt gegen alle Anwürfe kategorisch in Schutz. JG

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