: Sowieso die härtere Musik
■ Acme und Acid Rain Dance brettern heute generationsübergreifend in der Friesenstraße
Daß Hardcore, das politisch korrekte Gegenstück zum nihilistischen Punk, tot sei, beklagen die Altaktivisten mit schöner Regelmäßigkeit in den Fanzines. Daß dem keineswegs so ist, beweisen derzeit vor allem vier Schulkids aus Bremen-Nord: die Hardcore- Band Acme. Seit dem Dezember 1991 marodieren die Bürschchen mit jugendlichem Elan in ihrem Proberaum bei Opa Fischer im Forsteck, seit Mitte letzten Jahres reisen Acme durch die Hardcore-Zentren der Republik. Allerdings nur am Wochenende; die Woche über fordert die verhaßte Schule ihren Tribut.
Im März dieses Jahres erschien die erste Tonkonserve. „Menschenmaschine“ heißt das im Meyenburger Kuschelrockstudio produzierte Demo-Tape, das sich blitzschnell 250 mal verkaufte. Für eine selbstgemachte Cassette eine stattliche Zahl. An eine zweite Auflage denkt man jedoch nicht. Statt dessen sollen Teile des Demos zusammen mit neuem Material auf der in Kürze erscheinenden ersten Single veröffentlicht werden.
„Edward von der belgischen Band Nations on Fire hat uns in Essen gesehen und wollte unbedingt was mit uns machen“, erzählt Schlagzeuger Gregor. Neben dem Siebenzöller plant der Belgier auf seinem Machination-Label einen LP-Sampler, auf dem Acme neben Hardcore-Größen wie Struggle und Abolition aufspielen.
Auch sonst hat sich das Quartett viel vorgenommen: Ein Beitrag zu der für März '94 vom Gags & Gore-Label geplanten Bremen-Platte ist in Arbeit, und auch ein Düsseldorfer Mini-Label hat Interesse an Sampler- Beiträgen bekundet. Im Mai steht eventuell eine ganze Acme-LP auf dem Programm, auch wenn Bandleader Gregor sich nicht sicher ist, ob die Band reif dafür ist. „Edward hat erzählt, daß er 5000 LP's pressen würde, aber ich weiß gar nicht, wer das alles kaufen soll.“ Dennoch mangelt es Acme nicht an Selbstbewußtsein. Daß ältere Aktivisten die im Durchschnitt kaum achtzehn Jahre alte Kapelle nicht für voll nehmen, ficht Gregor nicht an. „Wir machen sowieso die härtere Musik.“
In Bremen haben Acme bislang nur selten gespielt. Schon gar nicht mit so alten Leuten wie Acid Rain Dance. Deren Schlagwerker Quaddel zählt stolze dreißig Lenze, der Rest ist auch weit in den Zwanzigern. Trotz aller Ansprüche, technisch versierte Musik zu machen, liegen die Wurzeln der Band immer noch im Punk. Das Quintett veröffentlichte seit dem ersten Auftritt im Dezember 1989 bereits eine mitreißende Single und eine Maxi und tourte einmal mit Hilfe der Italiener Contropotere und einmal in Eigenriege erfolgreich durch fast ganz Europa.
Vor März wollten die routinierten Altmetaller auch gar nicht in der Hansestadt auftreten, obwohl das letzte Heimspiel fast zwei Jahre her ist. Um das Jugendzentrum in der Friesenstraße als alternativen Veranstaltungsort zu etablieren, geben sie gern ihren guten Namen her. Lars Reppesgaard
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