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■ Der "Pate des Terrors" bricht sein SchweigenDer Waffenhändler Monzer Al Kassar gehört zu den weltweit Größten seiner Branche. Außer der spanischen Justiz, die einen Prozeß gegen ihn vorbereitet, interessiert sich für ihn der ...

Andere Länder, andere Sitten. Die Dame, die da am 16. Mai 1983 in der österreichischen Botschaft in Damaskus zwecks Ausstellung eines Visums für die Alpenrepublik vorsprach, hatte gleich einen Halbstarken mitgebracht, der wild mit seiner Kalaschnikow herumfuchtelte. Bald darauf erschien gar noch der Kommandant der syrischen Sicherheitskräfte, Major Madhat Shibani, und maulte das Botschaftspersonal an: Wieso Madame noch kein Visa erhalten habe. Bei der ungeduldigen Antragstellerin handelte es sich um Najah Chaban – die Gattin des syrischen Geschäftsmanns Haitham Al Kassars, der mit seinem Bruder Monzer in Wien die Handelsfirma Alkastronic betrieb.

Das Intermezzo vor der Damaszener Botschaft der Alpenrepublik fand seinen Niederschlag in einem Dossier der Wiener Bundespolizei vom 25. Februar 1985 über die Gebrüder Kassar. Der Vorfall liefere „ein sehr aussagekräftiges Bild“ der Sitten und Gebräuche des Al Kassar-Clans; „die aufgezeigte Vorgangsweise“, warnte der Verfasser des Polizeireports abschließend, „entspricht dem Modus der Familie Al Kassar gegenüber Behördenorganen.“ Nicht nur in den Polizeiarchiven Österreichs füllen die Umtriebe des syrischen Clans zahlreiche Aktenordner. Vor allem Monzer Al Kassar gilt Polizeien, Geheimdiensten und Medien weltweit als einer der Großen im Drogen- und Waffenhandel.

22 Millionen Mark Kaution

Seit Ende Juli dieses Jahres residiert der Syrer wieder in seiner Wahlheimat im spanischen Marbella. Nach einem Jahr Untersuchungshaft setzte ihn die spanische Justiz gegen eine Kaution von umgerechnet etwa 22 Millionen Mark, vorläufig auf freien Fuß. Allerdings darf Monzer Al Kassar, Inhaber mehrerer Luxusimmobilien an der „goldenen Meile“ Marbellas, Spanien bis zum Beginn seines Prozesses wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nicht verlassen. Der Syrer wird beschuldigt, in Polen die Maschinenpistolen der Marke Kalaschnikow für jenes Kommando des palästinensischen Terroristenführers Abul Abbas beschafft zu haben, das im Oktober 1985 im Mittelmeer das italienische Kreuzfahrtschiff Achille Lauro kaperte. Bei der Aktion erschossen die Kidnapper eine Geisel und warfen sie ins Meer.

Als „Prinzen von Marbella“ verklärte die spanische Regenbogenpresse Monzer Al Kassar wegen seines orientalisch-luxuriösen Lebensstils an der Costa del Sol. Andere belegten den 46jährigen Syrer mit weniger schmeichelhaften Titeln: Den „Paten des Terrors“ taufte ihn der deutsche Autor eines gleichnamigen Sachbuches; der britische Observer titulierte ihn als „Bankier der PLO“. Ein US-Drogenfahnder nannte ihn schlicht „eine der schlimmsten Kakerlaken in dieser Szene“.

Illegale Waffengeschäfte, Drogenhandel und Finanzierung nahöstlicher Terrorgruppen lasten westliche Sicherheitsbehörden dem bereits mehrfach verurteilten Monzer Al Kassar an. Monzer – die Inkarnation des Narco-Terrorismus?

Seit Mitte der 70er Jahre sind Monzer Al Kassar und seine drei Brüder Ghassan, Haitham und Mazen in Ost und West aktenkundig. Ob bei einem Putschversuch in Sierra Leone, den vom US-Kongreß verbotenen Waffenlieferungen des Colonels Oliver North an die nicaraguanischen Contras, Rüstungsgeschäften mit dem Iran während des ersten Golfkrieges oder dubiosen Deals mit Zeitzündern für Kofferbomben; ob im Zusammenhang mit nahöstlichen Geiselverhandlungen oder dem Bombenanschlag auf den Pan- Am-Flug 103 über dem schottischen Lockerbie – immer wieder taucht der Name Al Kassar auf.

Den Aufstieg zu einem der ganz Großen im internationalen Waffenhandel verdankt Monzer Al Kassar den Krisen und Kriegen des Nahen Ostens. Der enorme Bedarf der verfeindeten Armeen und Geheimdienste, der Milizen und Terrorgruppen an Waffen und Munition ließ und läßt den Schwarzmarkt für Schießzeug boomen. Bezahlt werden die Waffen in jenen Breiten nicht selten in einer speziellen Währung: Rauschgift. Monzer Al Kassar gilt Insidern als Personifizierung des Prinzips „Drugs for Guns“, wie die Amerikaner diese perfide Form des Tauschhandels nennen.

Für das doppelte Business mit dem Tod brachten die Gebrüder Al Kassar die besten Voraussetzungen mit: Kontakte zu den Clans und Terrorgruppen des Nahen Ostens sowie zum syrischen Geheimdienst auf der einen, exklusive Geschäftsbeziehungen zu europäischen Waffenhändlern, besonders aber zu den staatseigenen Waffenhandelsfirmen des Ostblocks auf der anderen Seite. Al Kassar zählte zu den Stammkunden der berühmt-berüchtigten Waffenklitschen „KINTEX“ in Bulgarien, „OMNIPOL“ in der CSSR und „CENZIN“ in Polen.

Partner und Objekt der Stasi

Nach der Wende in der DDR lieferten bis dahin topgeheime Dokumente weitere Beweise dafür, daß die Quelle seines Reichtums tatsächlich in den Sümpfen des internationalen Waffen- und Drogenhandels sprudelte. In der Garage einer Ostberliner Autowerkstatt stöberten Kripo-Fahnder rund 600 Aktenordner mit Geschäftskorrespondenz der Firma „IMES“ auf. Die war im klandestinen Firmengeflecht des Devisenjongleurs Alexander Schalck-Golodkowski zuständig für den verdeckten Waffenhandel gewesen. Auch in Akten des ehemaligen MfS fanden sich Belege: Monzer Al Kassar stand auf der Kundenliste von Schalcks Waffenschiebern.

Einer von ihnen, der „IMES“- Mann Günter Husemann, der über langjährige Erfahrung mit arabischen Kunden verfügte, Al Kassar aber nur aus der Westpresse kannte, sah in dem legendären Waffen- und Drogenbaron offenbar den geborenen KoKo-Kunden. Jahrelang versuchte Husemann vergebens, mit dem Syrer persönlich in Kontakt zu treten. „Es war mir jahrelang nicht möglich, den Aufenthaltsort des Herrn Al Kassar ausfindig zu machen“, meldete der Schalck-Untergebene frustriert nach oben. Der englische Waffenhändler Brian Footer, der Al Kassar schon in Warschau eingeführt hatte, half weiter. Er brachte Husemann schließlich mit Al Kassar in Wien zusammen.

Bei dem Treffen im Alkastronic-Büro stellte Husemann fest, „daß es sich um einen sehr cholerischen Typ handelt, der durch Body Guards stark abgesichert war.“ Gleichwohl war der Ostdeutsche begeistert: „Herr Al Kassar macht alles, auch auf der Ebene der Drogenarbeit.“ Die Freude beruhte offenbar auf Gegenseitigkeit. „Al Kassar war sehr erfreut,“ notierte Husemann in seinem obligatorischen Reiserapport, „den Kontakt mit einem Waffenhändler der DDR aufnehmen zu können und machte eine ganze Reihe von Geschäftsvorschlägen.“ Aus denen wurde zwar nicht viel. Ein paar tausend Kalaschnikows wurden in den Jemen verschoben, auch etliche Kisten Munition. Bald gab Kassar den Plan wieder auf, auch in Ostberlin ein eigenes Handelsbüro zu eröffnen. Immerhin verhandelten „IMES“ und Al Kassar noch 1988 über Nachtsichtgeräte aus Nato-Produktion (!) für geheime Abnehmer im Südjemen. Die ganz großen Deals aber blieben aus. „IMES“ hatte zuwenig zu bieten.

Bei jeder Schweinerei dabei

Doch noch mehr als die Deviesenbeschaffer von Schalck-Golodkowski interessierte sich die Stasi für die Gebrüder Al Kassar. Die Hauptabteilung XXII (Terrorismus) des Ministeriums für Staatssicherheit in Ostberlin, deren Offiziere bekanntlich den kurzen Draht in die nahöstliche Terrorszene pflegten, bezeichnete Monzers Bruder Ghassan in einem geheimen Vermerk vom 6. Januar 1988 als „langjähriges Führungsmitglied der Gruppe Abu Mohamed“, wie die Stasi den radikalsten Flügel der PFLP-SC nannte. Und über Monzer hielt die HA XXII fest: „... Daß der internationale Waffen- und Rauschgifthändler Monzer Al Kassar nach wie vor Auftragshandlungen für die extremistische palästinensische Gruppierung um Abu Mohamed ausführt.“ Ein Freund der Familie Kassar, ein in der DDR lebender Syrer, der Monzer seit seiner Jugend kannte, hielt Mielkes Mannen über die Umtriebe der Kassars und ihrer jemenitischen „Kunden“ auf dem laufenden.

Ohne ideologische Scheuklappen

Die Kassars trieben ihre Ost-West- Waffengeschäfte ohne ideologische Scheuklappen: 1987 beschwerten sich Emissäre des PLO- Führers Yassir Arafat in Ostberlin darüber, daß Ghassan Al Kassar sich im Arbeiter-und-Bauern-Paradies mit Kriegsmaterial eindecke. Er gebe an, damit „progressive Kräfte“ in arabischen Ländern zu unterstützen. In Wahrheit verscheuere der Syrer das Schießzeug aber an die Mudschaheddin in Afghanistan – die mit den DDR- Knarren dort auf die Waffenbrüder der Roten Armee schossen. An den Geschäften seien auch Abul Abbas, Vize-Chef der PLF und Mitarbeiter des PLO-Sicherheitsdienstes beteiligt. Arafat selbst versuche derzeit, so ein MfS- Vermerk vom Juli 1987, „die wahren Hintergründe des Waffengeschäfts aufzudecken und zu vermeiden, daß Informationen dazu an die Öffentlichkeit gelangen.“

Als Relais-Station für seine brisanten Ost-West-Geschäfte gründete Monzer Al Kassar im Herbst 1983 im geographisch günstig gelegenen Wien die „Alkastronic Handelsgesellschaft“. Vom ersten Tag an hatten die Sicherheitsdienste der Alpenrepublik, vorgewarnt durch die Kollegen westeuropäischer Partnerdienste, die Firma im Visier. Zwei Mitarbeiter der Firma, Henryk Majorczyk und Tadeusz Koperwas, waren bald als Mitarbeiter der Warschauer Waffenhandelsfirma „CENZIN“ und des polnischen Geheimdienstes identifiziert. (Koperwas ist der Branche bis heute treu geblieben: Letztes Jahr wurde er während der versuchten Anbahnung eines illegalen Waffendeals in einem Hotel in Frankfurt verhaftet.)

Daß ein Mann mit den Verbindungen eines Monzer Al Kassar nicht nur für kleine Schieber und Terroristen, sondern auch für renommierte Großkonzerne interessant war, zeigte die „NORICUM“- Affäre in Österreich. Die staatseigene österreichische Waffenschmiede „NORICUM“ lieferte Mitte der 80er Jahre Feldhaubitzen an den kriegführenden Iran. Die Endverbraucher-Zertifikate für die Scheingeschäfte mit Libyen, Argentinien und Brasilien, mit denen die illegalen Exporte an den Golf verschleiert wurden, hatte für etliche Millionen Schilling Provision Monzer Al Kassar besorgt. Kein Wunder, daß die von Monzer Al Kassar 1984 beantragte Einbürgerung in Wien zeitweise von höchsten Stellen, etwa von Handelsminister Norbert Steger, gnädig befürwortet wurde. Den ebenfalls in die „NORICUM“-Affäre verstrickten Außenminister Leopold Gratz habe er, so diktierte Monzer selbst der Polizei ins Protokoll, im legendären Café Demel des Udo Proksch in Wien kennengelernt. Doch Monzers mächtige Freunde mühten sich vergeblich. Das staatspolizeiliche Büro der Bundespolizeidirektion Wien zerstörte Monzers Traum vom rot- weiß-roten Paß. Die schlossen ihren Ermittlungsreport mit dem Fazit: „Der Aufstieg vom Autodieb und Suchtgifthändler der 70er Jahre zum Multimillionär mit Traumvilla in Marbella der 80er Jahre entspricht der kriminellen Traumkarriere.“

Im Dezember 1985 rückten Kriminalbeamte zur Hausdurchsuchung bei der Alkastronic und ihren Inhabern an. Als Ergebnis leitete die Staatspolizei Wien am 21. Dezember 1985 unter dem Aktenzeichen 25/D/VR/11948/85 gegen Monzer Al Kassar ein Verfahren wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung, Verdacht auf Unterstützung von Terroristen und internationalen Waffenhandel“ ein. Zum Prozeß kam es jedoch nie. Vielleicht wegen seiner engen Liaison zu prominenten Managern und Amtsträgern zogen es die Österreicher vor, Monzer lediglich zur Persona non grata zu erklären und des Landes zu verweisen.

Auch den Behörden des NATO-Landes Spanien blieben die Umtriebe des Sommerresidenzlers von Marbella natürlich nicht verborgen. Im November 1984 wurde in Madrid bei einem bis heute ungeklärten Mordanschlag der 44jährige Libanese Elias Joussef Assad Awad getötet. Awad fungierte als Geschäftsführer der Alkastronic-Filiale in Madrid. In radikalen Palästinenser- Kreisen stand er im Verdacht, den Israelis als Spitzel zu dienen. In ihrem Untersuchungsbericht zum Mordfall Awad kam die spanische Kripo zu dem Schluß, „daß die Al Kassars die PFLP-SC massiv logistisch unterstützen“.

Keine Auslieferung

Und auch den Diensten im benachbarten Frankreich galt Al Kassars terroristischer Hintergrund ebenfalls längst als erwiesen. Französische Geheimdienstler hatten ihn im Frühjahr 1984 als Teilnehmer eines Treffens hoher PFLP-SC-Funktionäre in einem Hotel der ungarischen Hauptstadt Budapest geortet. Ebenfalls mit von der Partie: Abu Mohamed, der damalige Chef der PFLP-SC-Basis im Jemen sowie der PFLP-SC- Funktionär und Monzer-Freund Zaki el-Helou. (Zaki wird in manchen Dokumenten auch als Mohamed Zaki Khaleel bezeichnet) Die 14.Große Strafkammer des Schwurgerichts Paris verurteilte Monzer Al Kassar am 4. Juli 1986 in Abwesenheit wegen Bildung einer verbrecherischen Vereinigung und Beteiligung an der Vorbereitung von Attentaten auf jüdische Personen und Einrichtungen zu acht Jahren Gefängnis. Im selben Verfahren als Mittäter und Partner Al Kassers ebenfalls verurteilt: Der deutsche Rechtsterrorist Odfried Hepp. Der Prozeß hatte auch Querverbindungen zwischen militanten Palästinenserkreisen und deutschen Rechtsterroristen offengelegt. Seltsamerweise legten die französischen Behörden kein gesteigertes Interesse an den Tag, als sich fast zwei Jahre später unvermittelt die Möglichkeit bot, das Urteil zu vollstrecken.

Am 21. Mai 1988, einem Pfingstsamstag, wurde Monzer Al Kassar am deutsch-österreichischen Autobahngrenzübergang Bad Reichenhall festgenommen. Neben einem falschen brasilianischen Paß führte er einschlägige Kontoauszüge und Geschäftsunterlagen mit sich, darunter ein Angebot über 200 sowjetische T-72-Panzer für den Iran. Stückpreis: 1,2 Millionen Dollar. Via Bundeskriminalamt und Interpol wurde den Franzosen der Fang avisiert. Doch diese verzichteten zum Erstaunen der bayerischen Grenzpolizei auf die Auslieferung des per internationalem Haftbefehl Gesuchten. Neun Tage, nachdem der Syrer an der Grenze in die Falle gegangen war, wurde er am 1. Juni 1988 wieder freigelassen.

Auch die spanischen Behörden zierten sich auffallend lange mit der strafrechtlichen Verfolgung Monzer Al Kassars - ein Umstand, den der Waffenhändler seinem guten Draht zum Chef des spanischen Geheimdienstes Cesid, General Emilio Alonso Manglano, verdanken soll. Doch im Sommer letzten Jahres ließ Untersuchungsrichter Baltasar Garzon den Promi plötzlich verhaften. Garzon genießt in Spanien den Ruf eines engagierten Drogenexperten und Mafiajägers. Auf seine „Dickköpfigkeit“ führt Monzers Rechtsanwalt Jose Luis Sanz Arribas es im Gespräch mit der taz denn auch zurück, daß sein Mandant nicht schon bald wieder frei war. Mittlerweile hat Garzon die Akte Kassar abgegeben: Er wechselte in die Politik, kandidierte bei den Parlamentswahlen im Juni auf der Liste der Sozialisten, gleich hinter Filipe Gonzalez auf Platz zwei und sitzt nun im spanischen Parlament. Kaum war Garzon vom Richterstuhl auf den Abgeordnetensessel gerutscht, beschloß auch schon die „Audienca Nacional“, das zweithöchste Gericht des Landes, Al Kassar gegen obengenannte Kaution von umgerechnet 22 Millionen Mark freizulassen – gegen den inoffiziellen Protest der USA, wie in den Madrider Kulissen gemunkelt wird. Während der Entführung der Achille Lauro war der US-Bürger Leon Klinghoffer, ein Rollstuhlfahrer, von den Kidnappern kaltblütig erschossen und über Bord geworfen worden. Und bekanntlich beobachten die USA äußerst argwöhnisch die Aktivitäten ausländischer Justizbehörden, wenn es um Terroristen geht, und besonders wenn US-Bürger betroffen sind. Am 30. Juli, dem letzten Werktag vor den Gerichtsferien, hatte Monzers Familie das Geld beisammen. Sie nahm Hypotheken auf die Immobilien des Clans an der Costa del Sol auf, wie Advokat Sanz Arribas erklärte.

Armenrecht in Bayern

Im bayerischen Landgericht zu Traunstein dürfte diese Nachricht mit Erstaunen registriert worden sein. Dort ist das Strafverfahren wegen des gefälschten brasilianischen Passes anhängig, mit dem sich Al Kassar im Mai 1988 bei Bad Reichenhall über die Grenze nach Österreich schummeln wollte. Zu den Verhandlungen vor dem Amts-, später dem Landgericht in Traunstein erschien der „Prinz von Marbella“ sogar leibhaftig – und beantragte zum Erstaunen des spärlichen Publikums wie des Gerichts Armenrecht. Er besitze keinen Pfennig mehr, habe nur noch Schulden, könne sich noch nicht mal einen Anwalt leisten. Wegen langwieriger internationaler Rechtshilfe ist das Verfahren derzeit ausgesetzt.

Monzer Al Kassar, der aus Sicherheitsgründen während seiner U-Haft mehrmals verlegt wurde und zuletzt im Gefängnis „Alcala Meco“ nahe Madrid saß, darf Spanien bis zu seinem Prozeß nicht verlassen und muß sich wöchentlich bei der Polizei melden.

Der Untersuchungsausschuß des Bundestages, der die Machenschaften des früheren DDR-Devisenmatadors Alexander Schalck- Golodkowski ausleuchten soll, begehrt von Monzer Al Kassar Aufschluß über dessen Waffengeschäfte mit der Schalck-Firma Imes. Über seinen Madrider Anwalt erklärte der sich zur Aussage bereit; am liebsten würde er nach Bonn kommen, ließ er den Parlamentariern ausrichten. Doch aus dem Ausflug an den Rhein wurde nichts. Die deutschen Behörden waren nicht willens oder in der Lage, der spanischen Justiz die ausbedungene Sicherheitsgarantie zu geben. Deshalb wird eine Ausschuß-Delegation den Waffengrossisten in der kommenden Woche in Spanien interviewen.

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