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Warten auf die Anklage

■ Weitere Anträge im Brüggemann-Prozeß

Auch nach dem zweiten Verhandlungstag im Prozeß gegen die Warenterminhändler Volker Brüggemann (51), Hans Wilhelm (“Eddi“) Birr (47) und zweier weiterer Mitarbeiter von Brüggemanns Firma Contracta-Rohstoffhandel GmbH warten die Richter der VI. Großen Strafkammer noch immer auf das Verlesen der Anklage. Den vier Männern wird vorgeworfen, die Kunden von Brüggemanns Contracta um rund 19 Mio. Mark betrogen zu haben. Brüggemann ist vor allem als langjähriger „Mäzen“ (Eigenbezeichnung) des Frauenhandball- Bundesligisten TuS Walle Bremen bekannt, wo er über Jahre Millionen investiert hat. Eddi Birr fungierte dort als „Manager“.

Wie schon am ersten Prozeßtag stellten die Anwälte gestern weitere Befangenheitsanträge gegen die Richter. Die Anklage setzt sich aus drei Komplexen zusammen, von denen der dickste Brocken der Betrug an einem Molkereibesitzer ist. In einem Zivilprozeß hat der Mann die Rückzahlung von 13,7 Mio. Mark bereits erstritten. Bei den neuen Befangenheitsanträgen geht es um diesen Prozeß.

Nach Ansicht von Brüggemanns Anwalt Brieske hat die Zivilakte dem Gericht nämlich nicht vorgelegen, als am 22.9. dieses Jahres Haftbefehle sowohl gegen Birr als auch Brüggemann erlassen worden sind (die nach vier Wochen wieder aufgehoben wurden). Begründet hatte das Gericht den Haftbefehl mit Fluchtgefahr, die vor allem wegen des enormen Schadens im Fall des Molkereibesitzers potenziert werde. Wenn die Zivilakte aber nicht vorgelegen habe, so der Anwalt, dann muß die Kammer sozusagen hintenrum Wind von der Geschichte bekommen haben. Das wiederum spreche für die Voreingenommenheit des Gerichtes, das sich ausschließlich auf mündliche Kontakte zur Staatsanwaltschaft gestützt habe. Der Vorsitzende Richter Schmacke erklärte dazu, daß die Akte bereits 1991 angelegt worden und mithin dem Gericht längst bekannt war. Über die Anträge wird bis zum 3. Januar entschieden. Dann wird der Prozeß auch fortgesetzt (Raum 231 Landgericht, 9.00 Uhr). mad

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