■ Mit polnischen Mieten auf du und du: Zwang zum Kauf
Warschau (taz) – Wer aus einem reichen Land kommt, muß in Polen blechen. 2.000 US-Dollar Monatsmiete für eine 80- Quadratmeter-Wohnung in der Warschauer Innenstadt sind keine Seltenheit, Häuschen sind für 5.000 Dollar zu haben. Besonders in die Höhe geschossen sind die Mieten im östlich der Weichsel gelegenen Villen- und Diplomatenviertel Saska Kepa. Das Ausländermelken wird noch unterstützt durch das polnische Verbot für Ausländer, Immobilien zu erwerben.
Die Praxis des Warschauer Innenministeriums für Ausnahmegenehmigungen ist dabei so undurchschaubar wie restriktiv. „Besondere Bindungen an Polen“ sind nachzuweisen, im Klartext: Nur Inhaber von Daueraufenthaltsgenehmigungen, Auslandspolen und Ehepartner polnischer Bürgerinnen und Bürger haben überhaupt eine Aussicht. Daß es inzwischen aber eine Reihe von Firmen gibt, die anbieten, ihren Kunden ein Haus mit innenministerieller Genehmigung in die Landschaft zu stellen, läßt den Schluß zu, daß auch diese Regel ihre Hintertüren hat.
Einige davon sind allgemein bekannt: Man gründe eine Joint-venture Firma, an der der bauwillige Ausländer zunächst nur 49 Prozent der Anteile hält. Solange braucht er keine Genehmigung zum Grundstückserwerb. Hat die Firma erst einmal den Grundbucheintrag, übernimmt der ausländische Partner den Rest der Aktien. Eine weitere, aber noch riskantere Möglichkeit ist der Kauf über Strohmänner. Weniger riskant ist die Möglichkeit, Mitglied einer Genossenschaft zu werden. Das verbietet kein Gesetz, allerdings nehmen nicht alle Wohnungsbaugenossenschaften Ausländer auf.
Wer allerdings drinnen ist, hat's geschafft: Polens Genossenschaftsrecht macht es einer Genossenschaft fast unmöglich, ein Mitglied wieder loszuwerden. Für die Eintragung ins Grundbuch braucht man allerdings wieder eine Genehmigung des Innenministeriums. Der Eintrag ist allerdings auch nur notwendig, will man die Wohnung oder das Eigenheim beleihen oder verkaufen. Wer selbst drin wohnt, hat seine Ruhe, kann aber nur mit Zustimmung der Genossenschaft vermieten. Angesichts der Mieten besonders in Warschau kann es sich trotzdem lohnen. Wer mietet, zahlt zwischen 20 und 40 DM pro Quadratmeter, wer kauft, zwischen 500 und 1.200 DM pro Quadratmeter. Wer kauft, hat schon nach drei Jahren soviel Miete gespart, daß sich der Kauf allein deshalb gelohnt hat, von der Rendite beim Vermieten ganz zu schweigen. Klaus Bachmann
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