Sanssouci: Vorschlag
■ Giant Sand im Loft
Und wieder beehren uns Howe Gelb und sein unstetes Bandgebilde Giant Sand mit einem Besuch. Mittlerweile kommt der Mann regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr auf die Bühnen dieses Kontinents und präsentiert seine landauf, landab stoisch „Desert Rock“ genannte Musik. Giant Sand sind so etwas wie ein kleines musikalisches Familienunternehmen, das neben Howes Frau Paula als unermüdlicher Bassistin, John Convertino als Drummer und beständigstem Sand-Mitglied auch aus der fünfjährigen Tochter Indiana Patsy Jones besteht, die auf den Platten schon mal nach Bob Dylan schreit oder ihren eigenen Blues-Song piepst. Dazu kommen Leute wie der Dobro- und Das-Combo-Mann Rainer, das singende Geschwisterpaar Viv und Susan oder Chris Cacavas, der ehemalige „Green On Red“-Keyboarder. Auf der 91er Platte „Ramp“ singt stellvertretend für Howe Gelb ein gewisser Pappy Allen: „Welcome to my world“. Diese liegt tatsächlich mitten in der Wüste, in dem vermeintlich öden, staubigen und verlassenen Nest Tuscon in Arizona. Ein Ort, in dem Gelb auf seinen unruhigen Wegen zwischen Pennsylvania, New York und Los Angeles hängenblieb und dem er immer wieder die Ehre erweist. Denn Giant-Sand- Platten unterschtreichen verbale wie auch echte Wüsteneien mit heimatbezogenen Plattencovern, die einsam und verlassen dastehende Häuser zeigen, Gruppenbilder vor heimischer Fauna oder windgepeitschte Sandszenarien.
Allerdings ist es etwas zu leichtfertig und simplifizierend, den Sound von Giant Sand als Only-Wüstenrock zu bezeichnen, denn Alben und Songs sind oft abgedreht und obskur bis in die Saitenspitzen. Mal fegt ein Rock-'n'-Roll-Derwisch hervor, mal werden Trash-Einlagen auf der Gitarre verspritzt, dann wieder gibt es Blues-Stückchen, eine Bar-Jazz-Nummer oder ein paar Country-Balladen. Nicht oft, aber häufig genug erheben sich dann große, erhabene, wirklich sehr rockistische, sehr strukturierte Momente aus all diesen, häufig improvisierten Songpartikeln. Das ist dann das exzellente Songwriting mit dem Gütezeichen, das sind die Augenblicke, wo Größe-Bescheinigungen auf Blankopapier geschrieben werden und in denen Howe Gelb, wenn nicht Genialität, so doch die unmittelbare Nachfolge von Neil Young erteilt wird. Ob Howe Gelb gesteigerten Wert darauf legt, steht auf einem anderen Blatt. Gerrit Bartels
Giant Sand am 26.1. um 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz.
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