Blaumachen für eine Blutspende

■ Aids-Untersuchungsausschuß des Bundestages legt Zwischenbericht vor / Blutspenden sollen künftig mit Theaterkarten oder Arbeitsfreistellung belohnt werden / Beweislast liegt bei Pharma-Unternehmen

Berlin (taz) – Der Aids-Untersuchungsausschuß des Bundestages hat einen ersten Zwischenbericht vorgelegt, in dem er eine Vielzahl von Empfehlungen gibt, wie das HIV-Infektionsrisiko durch Blut und Blutprodukte weiter verringert werden kann. An diesem Mittwoch wird der Bericht dem Bundestag vorgelegt und zugleich eine Erweiterung des Untersuchungsauftrags beantragt.

Der siebenköpfige Ausschuß möchte prüfen, ob Pharmaunternehmen, Blutspendedienste, Krankenhausträger und Ärzte mit zivilrechtlichen Prozessen für HIV-Infektionen belangt werden können, die sich seit dem 1. Oktober 1980 ereigneten. Dabei soll auch ausgelotet werden, welche Hilfen den Betroffenen für die Dauer des Zivilprozesses gewährt werden können, wie beispielsweise die Übernahme der Prozeßkosten.

Des weiteren schlägt der Ausschuß vor, bei der geplanten Novellierung des Arzneimittelgesetzes dafür zu sorgen, daß künftig auch die PartnerInnen von Blutern oder bei einer Transfusion Infizierten entschädigt werden können, wenn sie sich angesteckt haben. Sie gingen bislang leer aus. „Die Beweislast soll künftig nicht mehr beim Betroffenen liegen, sondern bei den Pharma-Unternehmen“, erläutert Ausschußmitglied Horst Schmidbauer (SPD). Vor allem wenn Präparate mehrerer Hersteller angewendet wurden, war es für Betroffene bisher so gut wie unmöglich nachzuweisen, welches Mittel zur Infektion führte.

„Beim Blutspendewesen soll auf ehrenamtliche Helfer zurückgegriffen werden“, so Schmidbauer. Es müßten gezielt Dauerspender geworben werden; statt Bargeld seien andere Formen der Anerkennung denkbar wie ein kostenloser Gesundheitscheck, Theaterkarten oder ein halber Tag arbeitsfrei.

Im Arzneimittelgesetz soll zudem festgeschrieben werden, daß für die Gewinnung von Blut und Plasma künftig eine Herstellungserlaubnis erforderlich ist. Gefordert wird auch „eine lückenlose Dokumentation der Vertriebswege von Blut und Blutprodukten“ vom Spender bis in die Krankenakte des Patienten. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld soll den Betroffenen außderdem eine höhere Entschädigungssumme sichern.

Die für Blut und Blutprodukte zuständige Bundesoberbehörde müsse die Befugnis erhalten, den Rückruf bedenklicher Arzneimittel anzuordnen. Die Zulassungsbehörden müßten verpflichtet werden, die verschiedenen Verfahren, mit denen HIV-Viren unschädlich gemacht werden können, zu bewerten, und das sicherste Verfahren vorschreiben.

Für die Klärung der Frage, ob deutsche Behörden zu spät Maßnahmen gegen die HIV-Infektion durch Blutprodukte veranlaßt haben, könnte sich – so hofft Schmidbauer – die Anhörung belgischer und skandinavischer Sachverständiger am 16. Februar als aufschlußreich erweisen. In diesen Ländern sei Anfang der 80er Jahre schneller reagiert worden. Im Gegensatz zur Bundesrepublik, wo sich 1.346 Bluter infizierten, seien es in Belgien nur 35 – davon hätten sich allein 17 durch deutsche Präparate angesteckt. Dorothee Winden