Astronomen gucken in die Röhre

■ Deutsche Forschungsgelder sollen in den Bau einer US-Sternwarte fließen

Für das geplante 100 Millionen Mark teure Teleskop auf dem Gipfel des Mount Graham im US- Bundesstaat Arizona stehen die Sterne denkbar schlecht. Seitdem Vertragspartner auf Druck protestierender Umweltschützer und Indianer aus dem Projekt ausscherten, steht dessen Finanzierung auf wackeligen Beinen. Als neue Interessenten haben sich jetzt Astronomen aus der Bundesrepublik ins Gespräch gebracht. Geschlossen erklärten die Astrophysiker der Max-Planck-Institute (MPI) sowie aller deutschen Universitäten ihre Beteiligung an dem Teleskop. Einziges Hemmnis: Noch fehlen Geldgeber für die notwendigen 25 Millionen Mark.

„Den Löwenanteil muß die Regierung tragen“, meint Günther Hasinger, wissenschaftlicher Angestellter beim MPI in München- Garching. Das Konsortium deutscher Astronomen, so Hasinger, habe bereits einen Antrag auf Fördermittel beim Bundesforschungsministerium eingereicht, auch wenn im Wahljahr mit dem Geld nicht zu rechnen sei. Erste Kontakte knüpften die Astronomen bereits mit verschiedenen Bundestagsabgeordneten, unter anderem auch mit Mitgliedern des Forschungsausschusses. Dessen Vorsitzender, Wolf-Michael Catenhusen (SPD), ist in solche Verhandlungen nicht eingeweiht. Aus gutem Grund: Catenhusen steht dem Standort der Sternwarte kritisch gegenüber. „Es ist doch sehr problematisch“, sagt sein Mitarbeiter Martin Braun, „wenn das Max- Planck-Institut an einem Projekt teilnimmt, bei dem es nötig ist, amerikanische Umweltschutzgesetze zu umgehen.“

Vor sechs Jahren erließ der amerikanische Kongreß eigens für die Astronomen auf dem Mount Graham eine Sonderregelung. Ein Sternforschungszentrum mit etlichen Teleskopen war den Politikern lieber als der Schutz gefährdeter Tierarten. Die Gipfelregion des Mount Graham ist das letzte Rückzugsgebiet der vom Aussterben bedrohten roten Eichhörnchen. Für den Erhalt des ökologisch einzigartigen Lebensraumes kämpfen Umweltschützer seit mehr als zehn Jahren. Unterstützt werden sie von dort ansässigen Apachen, die den Berg als ihr Heiligtum betrachten. Selbst eine gerichtliche Klage konnte nicht verhindern, daß im letzten Jahr die Astronomen auf dem Gipfel Stellung bezogen. Das MPI und der Vatikan verankerten sich mit jeweils einer Röhre fest im Gestein des Mount Graham.

Ihr Erfolg vor Gericht indes könnte sich schnell als Pyrrhussieg erweisen. Denn der Traum vom großen Sternforschungszentrum hat sich mittlerweile in Luft aufgelöst: Mehr als 20 amerikanische Institute kehrten dem Berg inzwischen den Rücken. Unter anderem hatten sie dort bessere Sichtverhältnisse erwartet.

Davon unbeirrt treiben die deutschen Astronomen des MPI eine Beteiligung am Bau des dritten Teleskops mit aller Kraft voran. Sie rechnen auch deswegen zuversichtlich mit dem Geld der Bundesregierung, weil im Gegenzug Aufträge für die Hochtechnologie-Industrie winken. Spitzfindig übergaben sie die Federführung der Koordination dem Astrophysikalischen Institut in Potsdam. Diese vor zwei Jahren neu gegründete Forschungseinrichtung gehört zu den etwa 80 Instituten der sogenannten Blauen Liste, die gemeinsam von Bund und Bundesländern finanziert werden. Künftiger Chef dort ist der MPI-Mitarbeiter Günther Hasinger. Marion Wigand