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Tränen lügen nicht

■ Mit Tropfen und Tabletten kämpfen Allergiker gegen Schnupfen und Juckreiz - oft mit den falschen Mitteln / Die Diagnose erfordert Fingerspitzengefühl

Wenige Tage nachdem das Meerschweinchen Sophie zwei stramme Jungs zur Welt gebracht hatte, wachte Gudrun Kistner morgens mit geschwollenen und tränenden Augen auf. Die Vermutung, daß sie allergisch auf die Haustiere reagiert hatte, lag nahe.

Der Hausarzt griff sogleich zum Allergietest. Und machte eine Hausstauballergie aus. Da Frau Kistner davon bislang noch nichts gemerkt hatte, bestand sie auf der Kontrolle der befallenen Stellen. Das Ergebnis: Auslöser der Entzündung waren einfache Hefebakterien.

Diese Alltagsgeschichte zeigt, daß nichts wichtiger ist als die sorgfältige Diagnose. Doch diese wird oft stiefmütterlich behandelt. Bis zu 40 Prozent der Patienten zeigen bei Allergietests positive Ergebnisse, unabhängig davon, ob sie tatsächlich unter allergischen Symptomen leiden oder nicht. Worauf sie tatsächlich allergisch sind, wissen sie oftmals auch nach mehrmaliger Testung nicht.

Die meisten Patienten reagieren entweder auf Blütenpollen, Hausstaubmilben oder Schimmelpilze. Da es nicht immer machbar ist, von den Allergieauslösern Abstand zu halten, greift inzwischen jeder zweite Betroffene zu rezeptfreien Tabletten, Tropfen und Sprays. ÖKO-TEST nahm 66 Mittel unter die Lupe. Das Ergebnis stimmt nachdenklich. Nur jedes dritte Präparat ist „empfehlenswert“. Dazu zählen Mittel mit dem Wirkstoff Cromoglicinsäure, die vorbeugend eingesetzt werden.

Produkte mit den Konservierungsstoffen Thiomersal oder Paraben können hingegen nur mit Einschränkung empfohlen werden. Thiomersal enthält giftiges Quecksilber, Parabene können selbst Allergien auslösen.

Wenn vorbeugende Mittel nicht helfen, kommen sogenannte Antihistaminika in Frage. Das Problem: Sie wirken alle mehr oder weniger ermüdend. Einige dieser Mittel wie „Mereprine Sirup“ und „Sedaplus Sirup“ werden auch zur „Ruhigstellung nervöser Patienten, bei Unruhe- und Erregungszuständen bei Kindern“ empfohlen. Günstiger sind Antihistaminika mit den Wirkstoffen Terfenadin oder Astemizol, weil sie kaum müde machen. Allerdings hat das Bundesgesundheitsamt schon 1988 darauf hingewiesen, daß Terfenadin gelegentlich Schlafstörungen, Depressionen und Kopfschmerzen hervorruft.

Für Kinder sind die meisten Antihistaminika nicht zugelassen. Statt Müdigkeit können sie zum Beispiel sogar Säuglinge übererregen. Häufig greifen Ärzte daher zu dem verschreibungspflichtigen „Atosil“, das zur Gruppe der Psychopharmaka gehört Doch auch dieses Medikament kann ausgeprägte Nebenwirkungen wie Bewußtseinstrübung, Schwindelgefühle und notorische Unruhe auslösen. Bevor also Kinder und Säuglinge mit Mitteln wie „Atosil“ behandelt werden, sollten alle Möglichkeiten zur Beruhigung und Linderung der Symptome ausgeschöpft werden.

Grundsätzlich ist die gründliche Diagnose das wichtigste. Dazu ist auch die engagierte Mitarbeit des Patienten nötig. Nur durch genaue Beobachtung, wann und wo die Symtome auftauchen, können Sie verhindern, daß man Ihnen oder Ihrem Kind eine Allergie andichtet, von der Sie noch nichts wußten.

ÖTM

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