: Omas geraten ins Kegeln
■ Katamaran-Pendelfähre nach Stade fällt ins Wasser
„Halbwegs vergessen“ hat Hans Heinrich seinen Plan, zwischen Stade und den Hamburger Landungsbrücken eine Hochgeschwindigkeitsfähre einzurichten: „Das Projekt ist auf Eis gelegt“. Schuld daran ist, so Heinrich, allein die Hamburger Wirtschaftsbehörde.
Noch im Sommer vergangenen Jahres hatte er hier eine Genehmigung beantragt, die Katamarane mit einer Geschwindigkeit von über 30 Knoten (ca 60 km/h) auf der hamburgischen Elbseite fahren zu lassen. „Seit sechs Monaten“, klagt der Inhaber des „Schiffskontor Altes Land“, habe er „von Hamburg rein gar nichts gehört“. Von sich aus will er nun nichts mehr unternehmen: „Jetzt muß Hamburg auf mich zukommen“.
„Herr Heinrich braucht überhaupt keine Betriebsgenehmigung von uns“, gibt Susanne Fischer, Sprecherin der gescholtenen Behörde, deren Position zu Protokoll. Rein rechtlich könne Heinrich schon morgen starten. Das Wirtschaftsbehörden-Unter-Amt für Strom und Hafenbau behalte es sich aber vor, den Fährbetrieb mit Geschwindigkeitsauflagen zu versehen oder gar ganz zu verbieten, wenn „der Fährbetrieb Menschen auf den Pontons gefährdet“.
Denn der von den Katamaranen produzierte Schwell (Wellengang) ließ im Test vergangenes Jahr die Anleger-Pontons in Teufelsbrück um durchschnittlich 33 Zentimeter rauf und runter schwanken. Die nebeneinander liegenden Pontons verschoben sich sogar um rund 70 Zentimeter gegeneinander. Was das für die Ponton-BenutzerInnen heißt, kann sich Susanne Fischer bildhaft vorstellen: „Wenn da Ihre Oma mit jeweils einem Bein auf den benachbarten Pontons steht, gerät sie aber mächtig ins Kegeln“.
Da etwa die Teufelsbrücker Nachbar-Pontons aus technischen Gründen weder miteinander verschraubt noch verschweißt werden können, müsse nun der Schwell der Fährboote reduziert werden. „Dieses Problem läßt sich beim Bau der Boote in den Griff bekommen“, ist Hans Heinrich optimistisch. Doch den Beweis dafür habe er bislang nicht antreten können. „Wir warten auf ein entsprechendes Konzept“, betont Susanne Fischer. Einen „Freibrief“ werde die Behörde Heinrich aber nach den verheerenden Tests nicht ausstellen.
Doch Heinrich, so scheint es, will nicht über vier Millionen Mark in zwei Katamarane aus Norwegen zu ordern, deren Fahrt dann womöglich wieder gestoppt oder verlangsamt wird. Denn nur wenn die 29 Meter langen Schiffe mit je 240 Sitzplätzen volle Pulle in 35 Minuten zwischen Stade und den Landungsbrücken zurücklegen , sei der Fährbetrieb „ konkurrenzfähig“.
Im Sommer 1995 könnten die Katamarane, die im Stundenrhythmus verkehren sollen, den Betrieb aufnehmen, vorausgesetzt die Wirtschaftsbehörden-Ampel spränge sofort auf Grün. Doch das große Einstiegsgeschäft hat das Schiffahrtskontor bereits verpaßt. Ursprünglich sollten die Katamarane bereits im April auf kleine Fahrt gehen: rechtzeitig zum 1000jährigen Jubiläum der Stadt Stade.
Marco Carini
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