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■ Kleines Politlexikon zum neuesten Skandal in den USAWhitewater für AnfängerInnen

Whitewater (Wildwasser): Synonym für eine erfolglose Grundstücksspekulation in Arkansas.

Watergate (Wassertor): Hotel in Washington. Beherbergte 1972 das Hauptquartier des Nationalkomitees der Demokratischen Partei, in das auf Veranlassung republikanischer Regierungsmitglieder und mit Wissen des damaligen Präsidenten Nixon eingebrochen wurde. Dessen Administration ging als kriminelle Vereinigung in die Geschichte ein; die Presse feierte ihre Sternstunde des investigativen Journalismus.

Whitewatergate (Wildwassertor): Erfindung der amerikanischen Presse. Steht weder in Zusammenhang mit kriminellen Machenschaften im Weißen Haus noch mit einer Sternstunde des Journalismus. Klingt jedoch schlagzeilenträchtig.

White House (Weißes Haus): Derzeitige Anschrift von Bill, Hillary, Chelsea und Socks Clinton (Katze) sowie Arbeitsplatz ihrer BeraterInnen. Nach Auffassung von Clinton-Gegnern Hort einer Verschwörungs- und Vertuschungskampagne (Siehe Whitewatergate). Nach Auffassung von Clinton-Freunden derzeit Hort politischer Stümper und Amateure.

Washington (Eigenname): Hauptstadt der USA. Nach Auffassung der Clintons ein brutales Pflaster, auf dem eine besondere Gattung von Geiern, genannt Journalisten, ihr Unwesen treibt. Nach Auffassung vieler Amerikaner ein gigantischer Sumpf, in dem drei Gattungen von Geiern: Politiker, Anwälte und Journalisten, ihr Unwesen treiben.

Little Rock (kleiner Fels): Hauptstadt des Bundesstaates Arkansas. Seit Ende des Bürgerkriegs fast ununterbrochen in der Hand der Demokraten, was die einen für eine erhaltenswerte Tradition, die anderen für die Folgen des Parteienfilzes halten. Opposition führt ein ähnliches Dasein wie SPD in Bayern. Regierungsmitglieder neigen manchmal zum Streibln – darunter auch die FOBH (Friends of Bill and Hillary).

Clinton, Bill (Eigenname): Babyboomer, Ex-Gouverneur von Arkansas und 42. Präsident der USA. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern ein Workoholic mit Intelligenz und phänomenalem Gedächtnis. Reagiert auf Nachfragen nach potentiellen Ungereimtheiten in seiner Vergangenheit oft wie ein Zwölfjähriger, den man beim Rauchen auf dem Klo erwischt hat.

Clinton, Hillary (Eigenname): Babyboomerin und 42. First Lady der USA. Workoholic mit Intelligenz und phänomenalem Gedächtnis. Lieblingstochter der US-Frauenbewegung. Im Gegensatz zu allen Vorgängerinnen fest entschlossen, die Rolle der Präsidentengattin in ein quasi-politisches Amt umzuwandeln. Deswegen anfangs beliebtes Angriffsziel von meist männlichen Pressekommentatoren. Von ihrem Gatten mit der Reform des Gesundheitswesens beauftragt. Formte nach anfänglichen Schwierigkeiten in der US-Presse ein Image als neue Jeanne d'Arc der Politik, was sich derzeit als nicht kompatibel mit ihrer Rolle als Anwältin in Arkansas erweist, wo sie Beruf, Politik und Geschäft des öfteren vermischt hat. (siehe Little Rock). Als Präsidentengattin faktisch unangreifbar. Gibt inzwischen, wenn auch widerwillig, zu, in Sachen Whitewater Fehler gemacht zu haben. Ramponiertes Image gefährdet inzwischen: Reform des Gesundheitswesens.

Moral (Fremdwort): Sittliche Grundsätze und Normen. Unter anderem von den Clintons propagiert. Müssen sich nun mit den Maßstäben messen lassen, die sie selbst aufgestellt haben. Freut viele Skandalbrüder aus der Opposition, die derzeit die Moral gepachtet haben. Andrea Böhm

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