: Lauter menschliche Zukunfts-Visionen
■ Forum-Chef Siepmann wehrt sich gegen „Rufschädigung“
Gibt es etwas Schöneres als über „Visionen menschlicher Zukunft“ nachzudenken und eine „Sommerakademie“ über die Kultur der Mayas, Obertonsingen, Bauchtanz, und ähnliches zu veranstalten? Für Frank Siepmann offenkundig nicht. In der neuesten Nummer seiner kostenlos verteilten esoterischen Gesundheits-Zeitschrift „Forum“ wirbt er für die neuen Großveranstaltungen der neuen „Forum-Verlags- und Agenturgesellschaft mbH&Co KG“ und verabschiedet sich gleichzeitig für den „Verein Gesundheit und Kultur“ mit ein paar Worten – Siepmann hatte nach dem letzten Sommercamp 1993 Konkurs anmelden müssen.
Die „Sommercamps“ waren inhaltlich ein Erfolg, sagt er, „europaweit führend“. Nur durch die Streichung von fünf ABM- und BSHG-19-Stellen sei die Finanzierung ins Trudeln geraten. Ein weitaus größeres Loch hatte im Sommer 1993 aber das parallel organisierte „World Music“-Festival gerissen. Nur 4.000 BesucherInnen kamen, der Mitveranstalter „F&H-Music“ aus Unna ging in Konkurs. Fast hätte ihn F&H mitgerissen, sagt Siepmann, eine sechsstellige Forderung an die F&H-Musik sei offen, die habe aber „mit der Substanz“ seiner Forum-GbR aufgefangen werden können.
Das „F“ von F&H steht für Flamersfeld und der sieht das naturgemäß anders. Er habe noch klar vor Augen, wie Siepmann an den zwei Köpfe kleineren Manager von Miriam Makeba Hand anlegte und ihn von der Bühne schleifte, weil der auf der Auszahlung der Gage bestand, erzählt „F“. Andere Gagen habe F&H für Siepmann vorgestreckt, damit das Festival gegen Ausländerfeindlichkeit überhaupt stattfinden konnte. Das Geld habe F&H bis heute nicht wiedergesehen. Die Schlußabrechnung, aus der Siepmann Forderungen an F&H begründet, sei „ein Witz“.
Verständlich, daß Siepmann diese Sicht der World-Musik-Pleite als „rufschädigend“ zurückweist. Bei seinem Versuch, mit der neuen Forum-Verlagsgesellschaft in Bremen als Großveranstalter im Geschäft zu bleiben, hat er wieder auf ein seriöses Umfeld gesetzt. 20 Köpfe renommierter PsychologInnen, Philosopen und Esoteriker sind im neuen Heft von „Forum“ abgebildet, die alle zum „Visionen“-Kongreß eingeladen sind. Der Bürgermeister ist Schirmherr. Ihn wollte Siepmann auch für ein persönliches Grußwort gewinnen unter Zuhilfenahme der Behauptung, der Wirtschaftssenator fördere den Kongreß (vgl. taz 18.3.). „Ich habe das nie behauptet“, dementierte Siepmann gestern gegenüber der taz. Der Text seines Briefes vom 7.3. an Staatsrat Fuchs „persönlich“ straft ihn allerdings Lügen: „Der Senator für Wirtschaft unterstützt den Kongreß mit einem Zuschuß in Höhe von 50.000 Mark“, heißt es da klipp und klar. Was, wie die taz berichtete, nicht stimmt. Solche dirty tricks sollen immerhin der guten Sache dienen. Alte Verluste werden sich mit einem Kongreß wie dem geplanten allerdings nicht ausgleichen lassen. Die neue Firma und ihre Aktivitäten sei über neue Gesellschafter und finanzkräftige Sponsoren abgesichert, versichert Siepmann. Helfer, die nur Konkursausfallgeld bekämen wie beim Camp 1993, werde es nicht geben.
Was treibt den Forum-Manager Siepmann dazu, nach den Negativ-Bilanz des vergangenen Jahres das Kongreßzentrum für einen internationalen Kongreß anzumieten? Für Siepmann ist das einfach zu erklären: Mit der neuen Forum-Agenturgesellschaft will er einen Agenturbetrieb für Referenten aufbauen, erklärte er der taz. Kongresse in Bremen wie die Vermittlung der Referenten an andere Kongreß-Veranstalter, „das ist unser Unternehmenskonzept“. K.W.
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