: Ein Klo für 56 Menschen
■ Flüchtlinge klagen Zustände in privaten Heimen des Landkreises Aurich an
Im Landkreis Aurich schlagen die Wellen der Empörung hoch. Grund sind die Methoden privater Betreiber von Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende. So müssen sich vier Menschen einen Raum von elf Quadratmetern teilen – Vorschrift sind fünf Quadratmeter pro Person. Für 56 Personen steht nur eine Toilette zur Verfügung. Außerdem wird den Asylsuchenden ein Teil der Sozialhilfe nicht ausgezahlt, wenn sie bestimmte Reinigungsarbeiten nicht sofort erledigen – diese Schikane gilt als „erzieherische Maßnahme“. Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen die beiden Betreiber Wilke Saathoff und Arno Reiners. Sie führen Flüchtlingsheime in Aurich, Leezdorf, Osteel und Nesse.
Zu einem gravierenden Zwischenfall kam es Mitte März in Osteel beim Kontrollbesuch des zuständigen Bezirksdirektors Renke Janßen. Der nämlich schlug einem vietnamesischen Heimbewohner ins Gesicht, als dieser Viedeoaufnahmen machen wollte. Das Heim in Osteel ist inzwischen geschlossen worden. Diese Woche ist es endlich zu einem Gespräch zwischen Landesregierung, UnterstützerInnen und Asylsuchenden gekommen. Die Landesregierung hat den BewohnerInnen der geschlossenen Unterkunft in Osteel Plätze in Häusern zugesagt, die nicht von dem umstrittenen Betreiber Saathoff geführt werden.
Im zweiten Teil der Besprechung brachten die Asylsuchenden drei Stunden lang Beschwerden vor. Es wurde zum Beispiel von diesem Fall berichtet: Beim Füttern eines Babys tropfte Brei auf den Küchenboden. In diesem Moment kam die Schwester des Betreibers Saathoff herein. In ihrer Empörung soll sie den Kopf des Babys mehrmals auf den Boden und sagte, es solle doch gleich vom Boden essen.
Der Arbeitskreis Flüchtlinge fordert, die Sozialarbeit von der Heimleitungs-Arbeit zu trennen, damit solche Fälle wie Sozialhilfekürzungen als „erzieherische Maßnahme“ nicht mehr vorkommen können. Allerdings seien dabei die noch bestehenden Arbeitsverträge ein Problem, da sie nur gekündigt werden können, wenn eine Seite ihre Auflagen nicht erfüllt. Das sei jedoch der Fall, da eine Sozialarbeit in den Heimen nicht stattfinde.
Andrea Hoffmann
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