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Dicke Benzol-Luft über Bremens Straßen

■ Meßprogramm ergibt: Benzolkonzentrationen müßten zu Straßensperrungen führen

Der Streit um die Bremer Verkehrpolitik ist um eine Facette reicher: Pünktlich zum Aktionstag gegen das Auto hat der Umweltsenator eine vertrauliche Vorlage in die Deputation eingereicht, die einigen Sprengstoff enthält. In ihr werden Meßergebnisse zusammengefaßt, die zwischen April letzten und März diesen Jahres an 26 Straßenecken in der ganzen Stadt ermittelt worden sind. Gemessen wurden die Konzentrationen von Benzol in der Bremer Luft – und das ist bekanntermaßen krebserregend. Das Ergebnis: An 15 der 26 Stellen wurden Werte ermittelt, die weit über der Marge lagen, die im kommenden Juli im Immissionsschutzgesetz als oberster Grenzwert festgelegt werden. Und wenn ab dem Juli 1998 der Grenzwert noch einmal verschärft wird, dann liegen nur noch zwei Straßen darunter. Wenn diese Werte Bestand haben, dann müßten in absehbarer Zeit massive Verkehrsbeschränkungen verfügt werden.

Die Bremer Messungen sind „nicht gerichtsfest“, damit können verkehrspolitische Maßnahmen nicht eingeklagt werden. Das geht erst, wenn so umfangreich gemessen wird, daß ein ordentlicher „Jahresmittelwert“ errechnet werden kann. Und dafür muß man auch am Wochenende und auch in der Nacht messen. Das hat die Umweltbehörde noch nicht getan, sie hat lediglich bis zu 33 Halbstundenmessungen pro Meßpunkt ermittelt. Aber die haben es in sich. Trotz aller Einschränkungen geht der Bericht davon aus, daß die Grenzwerte „an bestimmten Verkehrsschwerpunkten überschritten werden“.

Im kommenden Jahr soll der Grenzwert bei 15 Milligramm Benzol pro Kubikmeter Luft liegen, drei Jahre später bei 10 Milligramm. Bremer Spitzenreiter in Sachen dicker Luft ist die Ecke Neuenlander Straße/Neuenlander Ring. Dort ist ein Mittelwert von 21,7 Milligramm gemessen worden. Kaum besser sieht es in der politisch so heißumkämpften Martinistraße aus: Zweiter Platz mit 19,8 Milligramm. Gerade in der Martinistraße fällt auf: Bei den Messreihen fehlen zwar die Werte aus dem Wochenende und den Nächten, die den Durchschnitt sicherlich nach unten drücken würden, andererseits wird hier wie überall nur zwischen morgens acht und nachmittags vier Uhr ermittelt. Das bedeutet, ein erheblicher Teil des morgendlichen Berufs- und des Feierabendverkehrs sind in den Werten nicht enthalten. Nur an einem Tag Mitte Dezember hatte sich der Meßwagen zwischen 17.22 und 17.52 in die Martinistraße verirrt und prompt kam der absolute Spitzenwert von 41,3 Milligramm heraus.

Die Mittelwerte in Milligramm pro Kubikmeter: 1. Neuenlander Str./Neuenlander Ring 21,7; 2. Martini/Pieperstr. 19,8; 3. Wall/Herdentor 19,6; 4. Osterdeich/Mozartstr. 19,6; 5. Rembertiring/Fedelhören 19,2; 6. Martinistr./Böttcherstr. 18,8; 7. Oldenburger Str./ Am Deich 18,6; 8. Bismarckstr./St. Jürgenstr. 18,4; 9. Bismarckstr./Stader Str. 17,5; 10. Faulenstr./Doventorstr. 16,8; 11. Oldenburger Str./Weizenkampstr. 16,5; 12. Breitenweg/Bürgermeister Smidt Str. 16,3; 13. Oldenburger Str./Am Hohentorsplatz 16,0; 14. Verkehrsmeßstation Neuenlander Str. 15,9; 15. Verkehrsmeßstation Bismarckstr. 15,6; 16. Neuenlander Str./Fr. Ebert Str. 14,8; 17. Breitenweg/Daniel-v.-Büren-Str. 14,8; 18. Hans-Böckler-Str./Auf dem Kamp 13,2; 19. Schwachhauser Heerstr/Kurfürstenallee 12,1; 20. Nordstr./Waller Ring 11,3; 21. Malerstr./Pfalzburger Str. 11,3; 22. Neuenlander Str./Kattenturmer Heeerstr. 10,9; 23. Nordstr./Hansestr. 10,7; 24. Neuenlander Str./Georg-Wulf-Str. 10,6; 25. Nordstr./Grenzstr. 5,8; 26. Kuhsiel 3,3 J.G.

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