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■ KommentarIdeologischer Knüppel

Es leben die schwullesbischen 90er: Jahrzehnte sind wir damit beschäftigt gewesen, uns Freiräume zu erkämpfen – ein Krümelchen Akzeptanz hier, ein Stückchen Wahrnehmung dort. Kampf macht verbissen, Angst aggressiv – doch in den letzten Jahren kam endlich etwas Neues hinzu: der Spaß am schwullesbischen Leben. Denn ebensowenig wie Lesben und Schwule sich nur über Sex definieren lassen, so wenig sind sie ausschließlich diskriminierte Opfer. Und da gibt es einen Tag im Jahr, in dem Homos einzelne Städte übernehmen und ebenso lust- wie powervoll für ihre Rechte demonstrieren: der Christopher-Street-Day (CSD).

Nach dreizehn Jahren Pause gibt es diesen Gay-Pride-Day auch wieder in Bremen. Doch schon fängt die Stänkerei an: Kommerz-Karneval, keine Inhalte, und überhaupt: Spaß haben ist nicht politisch korrekt. Der Backlash lauert überall: die Gewalt gegen jede Art von Anderssein nimmt dramatisch zu. Doch er lauert auch innerhalb der Szene: Die unsägliche S/M-Debatte inclusive des auferlegten Denkverbotes demonstriert, wie Ausgrenzung funktioniert. Nutzt jemand, wie beim Bremer CSD, den Kommerz für die Sache, schwingt sofort jemand den ideologischen Knüppel. Dabei könnte eine Stärke der Bewegung sein, politische Inhalte mit Spaß rüberzubringen. Niemand verlangt dabei Einheitsbrei. Sozialisierung und Leben in Deutschland – das heißt auch, daß keine Lesbe und kein Schwuler die politische Dimension vergessen kann. Aber man muß sie nicht ausschließlich vor sich hertragen. Susanne Kaiser

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