piwik no script img

■ ÖkolumneUmdenken Von Jacques Yves Cousteau

Wasser und Luft sind die Voraussetzungen des Lebens, und sie sind rar, empfindlich und der Willkür des Menschen vollständig ausgeliefert. Doch die Ozeane der Erde werden verschmutzt. Trinkwasser wird zunehmend knapper und ist für mehr als eine Milliarde Menschen schon ein seltenes Gut. Noch alarmierender ist der Zustand der Erdatmosphäre. Studien über die Eiskappen in den Polarregionen der Erde haben gezeigt, daß es in den vergangenen 160.000 Jahren einen deutlichen Zusammenhang gibt zwischen dem Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre und der ErdtemperaFoto: AP

tur. Seit zwei Jahrhunderten bereits verursacht der Anstieg des Kohlendioxidausstoßes eine Temperaturzunahme auf der Erde. Kurz gesagt, der Mensch spielt mit dem Weltklima. Die Menschheit wächst rapide, und die Probleme, denen wir uns gegenübersehen, sind die bei weitem schwierigsten, mit denen sie jemals konfrontiert wurde. Die Herausforderung ist, allen Menschen eine anständige Lebensqualität zu bieten, ohne die Umwelt zu zerstören und kommenden Generationen die Hypothek unserer Versäumnisse aufzubürden.

Energie ist die Basis jeder wirtschaftlichen Entwicklung. Die Frage ist nun, ob es möglich ist, den Bedarf einer wachsenden Bevölkerung zu befriedigen, während wir die Umwelt für die nächsten Generationen sauberhalten. Offiziellen Hochrechnungen zufolge wird sich ohne Änderung unseres Verhaltens der Energiebedarf zwischen 1990 und dem Jahr 2050 fast verdreifachen. Im gleichen Zeitraum nimmt der Kohlendioxidausstoß von 6 auf 12,2 Milliarden Tonnen zu. Voraussagen zu globalen Klimaveränderungen gehen von einer Erderwärmung um zwei bis vier Grad bis zum Ende des nächsten Jahrhunderts aus.

Selbst wenn diese Berechnungen mit einer Fehlerquote behaftet sein sollten, so können sie doch nicht völlig falsch sein. Daraufhin aber nur die Wahl zwischen der hochgradig gefährlichen Atomenergie und anderen, sicheren, aber umweltverschmutzenden, Energiequellen zu sehen ist verkehrt.

Viele glauben, daß nur die fehlenden oder schlechten Technologien das Übel seien. Es ist jedoch absurd zu erwarten, daß selbst das spritsparendste Auto irgendwann aufhört, eine Quelle der Umweltverschmutzung zu sein. Dringend nötig ist ein Umdenken in den westlichen Ländern. Ihre Bürger müssen wählen, in welcher Welt sie leben wollen. Sie wissen um die Zerstörung der Umwelt und reden davon, ihr Einhalt zu gebieten. Diejenigen, die in der Lage wären, die notwendigen Veränderungen einzuleiten – Regierungen, die den Kurs vorgeben, Wissenschaftler, die den technologischen Fortschritt beschleunigen, und Industrieführer, die eben diese Technik benutzen – haben bislang ihre Hände in Unschuld gewaschen.

Verlangt ist nun jedoch eine globale Partnerschaft und Kommunikation zwischen Politikern, Forschern, Industrie und Öffentlichkeit. Durch demographisches und wirtschaftliches Wachstum wird sich der Energiebedarf der Entwicklungsländer erhöhen und mit ihm auch ihr Anteil an der weltweiten Verschmutzung.

Um dem gegenzusteuern, sollten die reichen Länder mit ihnen zusammenarbeiten und sie mit Energiesystemen versorgen, die weniger umweltschädlich sind. Dabei ist die Atomenergie keine angemessene Alternative. Sowohl für den Norden wie für den Süden sind erneuerbare Energiequellen die beste Wahl. Bestandsfähige Entwicklung ist nur möglich im Rückgriff auf Sonnenenergie, die beim gegenwärtigen Stand der Technik bereits in der Lage wäre, die Hälfte des weltweiten Energiebedarfs zu decken. Damit würden auch die Kohlendioxidemissionen entscheidend reduziert.

Das Prinzip der Vorsicht, das den Rio-Gipfel prägte, schreibt vor, daß wir in Abwesenheit einer wissenschaftlich begründeten Notwendigkeit alle Aktivitäten einstellen, die die Zukunft unseres Planeten in Frage stellen. Alles muß getan werden, um den Schaden, den die Menscheit der Umwelt zufügt, zu begrenzen.

Von nun an müssen wir die Verschmutzung eindämmen, saubere Techniken entwickeln und einsetzen und erneuerbare Energiequellen und Sparmaßnahmen fördern, die Verkehrspolitik überprüfen und Energiepreise gemäß ihren ökologischen und sozialen Kosten gestalten. Es wird Zeit, das nukleare Zeitalter mit einer Energie-Revolution zu beschließen. [gekürzt aus IPS]

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen