: Königsberger Klops
■ PR-Mann für den SFB ist ein Kämpfer für "Ostpreußen"
Der „rechte“ Referent im Nebenzimmer kann einen Chef ganz schön in Bedrängnis bringen. Es ist noch keine Woche her, da wäre Berlins Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) beinahe über die rechtsradikalen Kontakte seines Pressesprechers Hans-Christoph Bonfert gestolpert. Der Rücktritt blieb Heckelmann am Ende zwar erspart – doch wurde dem Innensenator die Hoheit über den Verfassungsschutz entzogen.
Ähnliches Ungemach drohen könnte bald dem Intendanten des Senders Freies Berlin (SFB), Günther von Lojewski (CSU-nah). Lojewski will, wie gerüchteweise der SFB-„Flurfunk“ meldet, Ansgar Graw zu seinem persönlichen Referenten machen. Graw – wie der Heckelmann-Sprecher Anfang 30 und auch ein ganz Rechter – arbeitet zur Zeit als Redakteur in der SFB-Pressestelle. Zum möglichen Karrieresprung von Graw wollte sich SFB-Sprecher Thomas Strätling nicht äußern: „Keine Auskünfte in personellen Angelegenheiten.“ Auch Graw sagte dazu nichts, warf der taz aber „Blockwartmethoden“ vor.
Solche Vergleiche muß wohl einer ziehen, der in Essays gegen „universalistisch-multikulturelle“ sowie „nebulös-sozialistische Utopien“ wettert und meint, daß das „dunkle Erbe des Nationalsozialismus“ nicht „volkspädagogisch instrumentalisiert“ werden dürfe. „Nationale Identität“ gehöre nicht „überwunden“, sondern „rekonstriert“. Graw nimmt außerdem regelmäßig an den ultra-konservativen Salons der Stadt („Dienstags- Gespräch“, „Berliner Kreis“) teil. Dort ist auch Auschwitz-Relativierer Ernst Nolte ein gern gesehener Gast. Organisiert wird das „Dienstags-Gespräch“, das Heckelmann-Helfer Bonfert zum Verhängnis wurde, vom Ex-NPD- Mann und Ex-Rep-Kandidaten Hans-Ulrich Pieper. Die monatliche Runde dient als Plattform, die das Umfeld der Wochenzeitung Junge Freiheit und des revisionistischen think tanks um den Historiker Rainer Zitelmann mit bürgerlichen Kräften in Kontakt bringen soll. Hinter dem ebenfalls monatlich tagenden „Berliner Kreis“ steht Christian Striefler, einst Redenschreiber des sächsischen CDU-Innenministers Heinz Eggert und jetzt Bundesratsreferent im Dresdner Innenministerium. Auch hier an Bord: der oben erwähnte Zitelmann, der als Ullstein-Lektor und Welt-Redakteur tätig ist.
Doch Ansgar Graw lauscht nicht nur in lauschiger Runde Rechtspopulisten wie Jörg Haider oder Manfred Brunner. Der SFB- Redakteur, der beim Ostpreußenblatt volontierte, ein Nachrichtenbüro für das Baltikum betrieb und beim Ost-Revolverblatt Super- Zeitung (Burda) arbeitete, publiziert auch selbst in der Rechtsaußen-Zeitschrift Mut und der Wochenzeitung Junge Freiheit. Das Monatsblatt Mut wurde 1967 als rechtsextremistisches Sprachrohr der Jungen Nationaldemokraten und der Wikingjugend gegründet und war bis 1983 als verfassungswidrig eingestuft. Heute gilt es als „organisatorische Klammer zwischen Bürgern und Radikalen“ (Astrid Lange: „Was die Rechten lesen“). Zwar sorgen jetzt renommierte Konservative und rechte Sozialdemokraten als Mut-Autoren für ein „liberaleres“ Image, doch Rechtsradikale und Altrechte schreiben weiter dort. Ähnliche Funktionen erfüllt die sich intellektuell gebende Junge Freiheit als Sammelbecken der sogenannten Neuen Rechten.
In Mut 10/92 rezensierte Ansgar Graw elogenhaft Karl-Heinz Weißmanns Ullstein-Buch „Rückruf in die Geschichte“. Weißmann revanchierte sich: Ansgar Graw durfte im Ullstein-Band „Westbindung“ einen Schlußstrich unter die Nazi-Vergangenheit ziehen: Wer „das deutsche Kollektiv der Gegenwart“ durch „eine einseitige Instrumentierung der Vergangenheit in ,Dauerscham‘ und damit letztendlich ,Dauerschuld‘“ zu halten versuche, wolle „eine Normalisierung im Umgang der Deutschen mit ihrem Deutschsein verhindern“.
Für das deutsche Wesen setzt sich Graw auch als Mitglied der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ ein, der die Regermanisierung „Königsbergs“ und „Ostpreußens“ am Herzen liegt. Gemeinsam mit dem CDU- Rechtsaußen Wilfried Böhm verfaßte Graw das Buch „Königsberg morgen. Luxemburg an der Ostsee“ – erschienen im Mut-Verlag.
Und einem ganz großen Rechtsradikalen durfte Ansgar Graw im November letzten Jahres die Hand geben. In Moskau führte er ein Interview mit dem russischen Faschisten und DVU-Partner Wladimir Schirinowski. Der hatte sich in jüngster Vergangenheit nachhaltig für eine Ansiedlung Rußlanddeutscher in „Nordostpreußen“ ausgesprochen. Zu Graws Leidwesen – so der SFB-„Flurfunk“ – konnten die Schirinowski-Tapes jedoch nicht im Radio gesendet werden: Die technische Qualität war einfach zu schlecht. Da brachte Graw das Interview im Springer-Blatt Berliner Morgenpost unter. Hans-Hermann Kotte
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