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Parlament der Ukraine will Privatisierung stoppen

■ Neuer Präsident steht ohne parlamentarische Basis und Regierung da

Moskau (taz/dpa) – Das Parlament der Ukraine will die Privatisierung von Staatseigentum vorübergehend stoppen. Binnen eines halben Jahres sollten die Unregelmäßigkeiten der bisherigen Privatisierung geklärt werden, forderten die Abgeordneten auf ihrer Sitzung am Donnerstag in Kiew. Damit würde ein neues Programm, das den Verkauf von 29.000 Staatsbetrieben vom 1. Juli an vorsah, auf Eis gelegt.

Daß Kutschmas Privatisierungs-Initiative an den Deputierten abprallt, war zu erwarten. Heute steht der frisch gekürte ukrainische Präsident wie der Herrscher in Andersens „Des Kaisers neue Kleider“ praktisch nackt da: ohne Regierung und parlamentarische Basis. Die Zweidrittelmehrheit der schon im Frühjahr – nach einem komplizierten regionalen Proporz-System und mit viel Schummelei – gewählten Rada besteht aus Kommunisten und Sozialisten. In der Hauptsache sind es hartgesottene Funktionäre, die ihre Pfründe ungern in private Hände geben.

Noch kurz vor der Präsidentenwahl, Ende Juni, setzte dieses Abgeordnetenkorps dem künftigen Staatsoberhaupt als neuen Premier Vitalij Massol vor die Nase, eine in progressiven Kreisen und bei der Jugend verhaßte Figur. Vor zwei Jahren hatten die Studenten der Kiewer Universität durch Hungerstreiks den Rücktritt Massols erzwungen, der das Ministerpräsidentenamt damals bereits einmal ausübte.

Welche exekutiven Funktionen Leonid Kutschma mit, gegen oder ohne diesen Ministerpräsidenten künftig ausüben darf, ist auch noch nicht heraus. Die Rada hatte die Verabschiedung einer neuen Konstitution vor sich hergeschoben, solange der neue Präsident noch nicht bekannt war. Nach seiner Wahl wurde die Frage noch nicht wieder aufgenommen.

Bezeichnend für die Atmosphäre im ukrainischen Parlament war ein Disput am letzten Dienstag über die Verhandlungssprache des gesetzgebenden Organes. Der Sozialist Alexander Tschupachin plädierte für die Zulassung des Russischen, während „Ruch“-Mann Jaroslaw Kendser nur das Ukrainische dulden wollte. Sein Hauptargument: im Verlaufe von vier Jahren könne man sich die Staatssprache durchaus aneignen. bk

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