Sanssouci: Vorschlag
■ "Ladies im Hotel" von Dorothy Parker im MGT
Böse Frauen sind jederzeit ein abendfüllendes Thema – hat man sich zu Recht im Maxim Gorki Theater gedacht und als erste Premiere unter der geschäftsführenden Intendanz von Bernd Wilms durfte Klaus Emmerich die deutschsprachige Erstaufführung von Dorothy Parkers „Ladies im Hotel“ inszenieren: Eine gnadenlose Abrechnung mit der amerikanischen Gesellschaft der vierziger und beginnenden fünfziger Jahre, in der die Frauen die Verliererinnen sind. Einsam, aber reich, sitzen sie als Dauergäste in einem New Yorker Hotel herum. Die Ladies leben vom Erbe ihrer verstorbenen oder verschwundenen Ehemänner und schlagen die Zeit tot. Sie spionieren sich gegenseitig aus und tyrannisieren ihre Kinder. Die eine nimmt sich zuerst einen Schoßhund und dann einen jungen Geliebten, die andere hält sich ihren Sohn als Diener, die dritte flüchtet sich in die Kinowelt, wieder eine andere in den Alkohol – die Angst vor der Einsamkeit treibt verschiedene Blüten.
Mit verschiebbaren Stellwänden bildet Michael Rösch schnell die verschiedenen Orte, die gemusterten Tapeten geben den Mief des Hotels wieder. Die gnadenlose Boshaftigkeit aus Frustration zeigt eigentlich nur Annemone Haase als Mrs. Gordon, den anderen hysterisch herumflatternden Damen möchte man wünschen: Mehr Gift in die Zähne! Seltsamerweise sind es die Männer, die in ihren unscheinbaren Nebenrollen dem Abend schon im Tonfall Schärfe verleihen: Nils Brück und Eckart Strehle. Die stärkste Stelle in Parkers Text aus dem Jahr 1953 ist der Monolog der aus Verzweiflung besoffenen Mildred Tynan (Adriana Altaras) vor ihrem Sprung aus dem Fenster. Gespielt wird das von Adriana Altaras – auch hier hätte die Inszenierung schärfer und straffer sein müssen. Die maßlose Einsamkeit der Frauen wird als unbedeutendes Gefühlchen gezeigt statt als Grund zur klirrenden Gefühllosigkeit.
Klaus Emmerich verstärkt die populäre Wirkung des Boulevardstücks: Er ist versöhnlich, wo die Kraft in der Boshaftigkeit und Härte gelegen hätte. Prinzipiell wird damit im Maxim Gorki Theater jedoch eine Richtung eingeschlagen, die in Berlin kaum eine andere Bühne niveauvoll verfolgt: das Genre der guten Unterhaltung. Margit Knapp Cazzola
Nächste Aufführungen heute und 28.9., 19.30 Uhr, Maxim Gorki Theater, Unter den Linden, Mitte.
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