piwik no script img

■ PortraitMadeleine Petrovic

Madeleine Petrovic war die eigentliche Überraschung des sehr drögen Wahlkampfes in Österreich. Die Spitzenkandidatin der Grünen wuchs mit ihrer Aufgabe und schaffte es nicht nur, die oft zerstrittenen Parteifreunde hinter sich zu versammeln, sondern erlangte mit ihren souveränen Auftritten auch Anerkennung über die Parteigrenzen hinweg. Dabei ist es erst vier Jahre her, daß die 38jährige Juristin und Wirtschaftswissenschaftlerin erste Schritte auf der politischen Bühne wagte: als Aktivistin in einer Anti-Verkehrs-Initiative in ihrem Wohngebiet. So stieß sie zu den Grünen, bekam nach relativ kurzer Zeit bereits einen Sitz im Parlament und wurde dann Fraktionsvorsitzende. Glaubwürdigkeit war der größte Bonus ihres Wahlkampfs. Die temperamentvolle zweifache Mutter lebt ganz einfach viele ihrer Vorschläge vor: Petrovic fordert nicht nur Solidarität mit AusländerInnen, sondern praktiziert sie auch. Ihre Familie hat seit Beginn des Krieges in Ex-Jugoslawien acht bosnischen Flüchtlingen Unterschlupf gewährt. Und in der Familie wird die Hausarbeit partnerschaftlich geteilt. Für die Zeit des Wahlkampfes nahm der Ehemann sogar Erziehungsurlaub. Was den konservativen Parteiobmann Erhard Busek vor laufenden TV-Kameras zu einer hämischen Bemerkung veranlaßte: Petrovic beute das Sozialsystem aus, indem ihr Mann Erziehungsgeld kassiere. Die grüne Galionsfigur konterte ruhig, aber bestimmt, ob er solche Fragen auch männlichen Spitzenpolitikern stellen würde.

Wahlsiegerin Foto: Reuter

Ihre mit Kompetenz gepaarte Sachlichkeit war es auch, die bei den zahlreichen TV-Duellen der Spitzenkandidaten besonders gut rüberkam. Besonders der sozialdemokratische Bundeskanzler Franz Vranitzky fühlte sich beim Duell mit Petrovic sichtlich unwohl.

Obwohl die Chefin des Liberalen Forums, Heide Schmidt, auf dem politischen Parkett ihre Konkurrentin war, brachten beide konsequent immer wieder Frauenthemen in den Wahlkampf ein. Petrovic verkörpert so wie Schmidt eine neue Frauengeneration, die sich nicht mehr auf die Hinterbänke verbannen läßt.

Für die Grünen hat es sich jedenfalls gelohnt, erstmals einen „Personenwahlkampf“ zu führen. Petrovic ist dabei sogar so weit gegangen, Berater zu engagieren, die stets die richtige Kleidung und das passende Make-up bereithielten – weg vom Jute- Image hin zum Seidenkostüm, das Etabliertheit signalisierte. Alexandra Föderl-Schmidt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen