■ Das Portrait: Gerald Häfner
Bayerischer Partei-Erneuerer, den es wieder in den Bundestag zieht Foto: dpa
Im Juli vergangenen Jahres muß es dem letzten Nörgler bei den bayerischen Grünen klargeworden sein: Häfner setzt sich durch. Der 37jährige Lindauer Gerald Häfner war zum zweiten Mal in Folge mit deutlicher Mehrheit zum Landesvorsitzenden der bayerischen Grünen gewählt worden.
Gerald Häfner ist ein Profi im Politikgeschäft, der die Klaviatur der Macht beherrscht. Der gelernte Waldorflehrer wurde schon mit gut zwanzig Jahren Landesgeschäftsführer seiner Partei und war maßgeblich am Aufbau der Grünen in Bayern beteiligt.
Die politische Karriere unterbrach er bald jedoch wieder. Die Ausbildung war ihm erst einmal wichtiger. Häfner widmete sich einige Jahre ganz der Waldorfschule. Gleichzeitig kümmerte er sich sehr früh um die Themen Volksentscheid und Volksbegehren. Nach dem Ende seiner Ausbildung kehrte er in die Politik zurück. Eine Legislaturperiode lang (bis 1990) war er Mitglied des Deutschen Bundestags und machte sich als Obmann der Grünen im Ausschuß „Deutsche Einheit“ auch bei den großen Parteien einen Namen.
Als brillanter Rhetoriker versteht Häfner es, auf turbulenten Parteitagen selbst kontroverse Themen in konstruktive Bahnen zu lenken. Als er vergangenes Jahr in Lindau eine beachtliche Diskussion des umstrittenen Themas „Waffengewalt zum Schutz der Zivilbevölkerung in Bosnien“ ohne den erwarteten Zwist bei den Delegierten über die Bühne brachte, höhnten zwar noch einige wenige, „Harmonigesülze“ passe nicht zu den Grünen. Häfner ließ sich davon aber nicht beirren.
Nach den bayerischen Landtagswahlen erklärte er in zwei, drei Sätzen das Debakel der FDP und brachte die Gründe für das relativ schlechte Abschneiden der Grünen auf den Punkt – das kann dieser Mann, der aller Voraussicht nach schon in Kürze wieder in den Deutschen Bundestag einziehen wird. Auf Platz 2 der Bayernliste dürfte der Wechsel nach Bonn so gut wie sicher sein, wenn die Grünen den Wiedereinzug schaffen.
Was ihm freilich in seiner „bayerischen Zeit“ gefehlt hat, war eine Landesgeschäftsführerin, die dem wahrlich nicht als Organisationstalent bekannten Häfner zuverlässig zur Seite gestanden hätte. Zu oft mußte er in den letzten Jahren, statt Präsenz zu zeigen, das tun, was er am wenigsten kann: verwalten.
Klaus Wittmann
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