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Der Preis der „Unabhängigkeit“

■ Betr.: „Störrisches Palau“ (Der neueste unabhängige Staat), taz vom 4.10.94

Die Republik Palau im westlichen Pazifik mußte auf Druck der USA ihre Anti-Atomklauseln aus der Verfassung streichen.

Am 1.10.94 erhielt die Republik Palau (Belau) ihre formelle Unabhängigkeit, das letzte Treuhandgebiet der UNO wurde aufgelöst. Mit dem nach jahrelangem Tauziehen in Kraft getretenen Vertrag über eine „freie Assoziierung“ mit Palau sichern sich die USA einen potentiellen strategischen Stützpunkt, die Sicherheits- und Verteidigungspolitik verbleibt in Händen der bisherigen UNO-Mandatsmacht. Sie können hier Militärbasen aufbauen und große Flächen Land, die wesentliche Ressource des kleinen Inselstaates, für ihre Zwecke benutzen. Militärisch interessant ist vor allem der natürliche Tiefseegraben (bis 8.000 Meter tief) für einen U-Boot-Stützpunkt.

Jahrelanger Streitpunkt war die 1980 in Palau in Kraft getretene erste atomfreie Verfassung der Erde. Die USA sollten diese nie akzeptieren, sie war unvereinbar mit dem 1983 geschlossenen Vertrag über eine „freie Assoziierung“. Die Palauer mußten siebenmal über den Vertrag abstimmen. Eine entscheidende Hürde war eine Sperrklausel in den Anti-Atom- Klauseln der Verfassung (die von 92 Prozent der Bevölkerung angenommen worden war). Der Vertrag konnte nur in Kraft treten, wenn mindestens 75 Prozent dafür stimmten, diese Klauseln abzuschaffen, aber es wurden immer nur einfache Mehrheiten erreicht. Palau, eine Gesellschaft, die immer bemüht war, politische Entscheidungen im Konsens zu finden, war angesichts der politischen Patt-Situation zermürbt und zerrüttet. Der erste Präsident wurde 1985 erschossen, der zweite beging 1987 Selbstmord. Hintergründe waren Korruption und der Vertrag. Die USA akzeptierten das Ergebnis ihrer importierten Demokratie nie.

Die Aussicht auf mehrere 100 Millionen Dollar in den 15 Jahren nach Abschluß des Vertrages veranlaßte schließlich eine Gruppe von Politikern und Geschäftsleuten, 1992 ein weiteres Referendum zu organisieren, um die 75-Prozent-Hürde auf 51 Prozent zu reduzieren. Das Ergebnis war eine einfach Mehrheit für die Reduzierung. Dieser juristische Winkelzug ermöglichte es, mit einem letzten Referendum im November 1993 mit einer einfachen Mehrheit die Anti-Atom-Klauseln abzuschaffen und gleichzeitig die „freie Assoziierung“ zu ratifizieren.

Bis zuletzt versuchten NGOs aus Palau, den Vertrag durch Klagen vor Gerichten in Guam und Honolulu zu verhindern, doch sie verzögerten lediglich sein Inkrafttreten. Die erste atomfreie Verfassung wurde für militärische Optionen geopfert, die aus der Zeit des Kalten Krieges stammen, angesichts der US-Militärpolitik aber hochaktuell werden können, auch wenn es bisher keine konkreten Anzeichen dafür gibt, daß die USA in Palau tatsächlich eine Militärbasis aufbauen. Bernd Sauer-Diete, Projektgruppe Pazifik e.V., Berlin

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