piwik no script img

„Den Bock zum Gärtner gemacht“

■ Im Solinger Mordprozeß sagte der V-Mann Bernd Schmitt erneut aus, doch seine Rolle bleibt weiterhin zwielichtig

Düsseldorf (taz) – Im Prozeß um den mörderischen Solinger Brandanschlag kam das Düsseldorfer Oberlandesgericht gestern bei dem Versuch, die Rolle des V-Manns Bernd Schmitt aufzuhellen, keinen Schritt weiter. Schmitt, in dessen Kampfsportschule „Hak- Pao“ Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet ein- und ausgingen, war seit Anfang 1992 V-Mann des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes. Drei der vier Angeklagten trainierten zeitweise in „Hak-Pao“. Düsseldorfs Innenminister Herbert Schnoor hatte seinem V-Mann wiederholt eine demokratische Gesinnung bescheinigt.

Einen völlig anderen Eindruck vermittelten dagegen einige Zeugen aus der rechtsradikalen Szene im Düsseldorfer Zeugenstand. So beschrieb der Solinger Rechtsextremist Bernd Koch Schmitt als einen rechten Hetzer. Schmitt bestreitet das ebenso wie die Schilderungen des langjährigen Mitglieds der rechtsextremen FAP, Jamnitzky. Der sagte in Düsseldorf unter Eid aus, Schmitt habe ihm 14 Tage nach dem Brandanschlag in Solingen Einzelheiten zum benutzten Brandbeschleuniger mitgeteilt. Dazu Schmitt gestern wörtlich: „Das sind alles Lügen. Es ist unglaublich, was hier passiert.“

Ein Schreiben aus dem Düsseldorfer Innenministerium beschäftigte gestern immer wieder den Senatsvorsitzenden Wolfgang Steffen. Darin hält ein V-Mann-Führer fest, daß Schmitt dem Verfassungsschutz einen wichtigen Personenhinweis nicht weitergegeben hat. Ein jugendlicher Bekannter berichtete Schmitt noch im Laufe des Tattages davon, ein Christian R. habe sich ein paar Stunden vor der Tat damit gebrüstet, daß das „Türkenhaus in zwei Wochen brennen wird“. Inzwischen sitzt R. in Düsseldorf auf der Anklagebank. Daß Schmitt dessen Namen nicht weitergab, kommentierte Wagner gestern so: „Da drängt sich der Verdacht auf, daß da etwas nicht koscher ist.“ Ein Anwalt der Nebenkläger ging noch weiter. Mit dem V-Mann Schmitt habe der Düsseldorfer Verfassungsschutz „den Bock zum Gärtner gemacht“. Walter Jakobs

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen