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Ein Bombengeschäft

■ Nach CNN, Reuters und anderen steigt auch die Agentur Associated Press in die Produktion von Nachrichtenfilmen ein

Der Handel mit Nachrichten speiste sich immer schon aus zwei Motiven: Erstens wollten JournalistInnen sich durch den Austausch von Informationen gegenseitig die Arbeit erleichtern – eine Idee, die beispielsweise bei der Gründung der Nachrichtenagentur Associated Press vor knapp einhundertfünfzig Jahren Pate stand. Oder der Handel mit Nachrichten ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Bombengeschäft – wie sich am Erfolg des CNN-Gründers Ted Turner unschwer erkennen läßt.

Seit das Cable News Network während des Golfkriegs 1991 kurzfristig zur weltweit einzigen Informationsquelle aufstieg, ist klar: Nachrichtenbilder versprechen satten Profit. Nur der Umstand etwa, daß die ARD damals den stolzen Preis von 50.000 Dollar (als Einstiegsgebühr) und weitere 5.000 Dollar pro Satellitenüberspielung an CNN zahlte, bewahrte die „Tagesschau“ davor, das grünstichige Flimmern der ersten alliierten Bombenangriffe auf Bagdad zu verpassen.

Die Hälfte aller „Tagesschau“-Bilder

Doch der Golfkrieg war die Ausnahme. Im Produktionsalltag deutscher Fernsehnachrichten sorgen bislang vor allem zwei Nachrichtenfilmagenturen und die nichtkommerzielle Eurovision, die Union Europäischer Rundfunkanstalten (EBU), für den stetigen Bilderfluß. Die weltweit operierenden Fernsehagenturen Reuters TV und Worldwide Television News (WTN) beliefern so etwa die Sendungen von ARD aktuell mit knapp 50 Prozent aller Videobilder, die in den Nachrichten des Ersten Programms zu sehen sind.

Beispiel WTN: Die in London ansässige News Film Agency unterhält weltweit 15 Haupt- und 48 kleinere Büros, rund 200 feste Mitarbeiter sind dort tätig, die mit über 400 freien Kamerateams zusammenarbeiten und täglich etwa eine Stunde an reinen Nachrichtenbildern produzieren. Im engen Kontakt mit den Büroleitern vor Ort plant die Zentrale in London die Einsätze der Kamerateams. Nach London werden auch die gedrehten Bilder per Satellit überspielt, mal komplett, mal nach einem ersten Rohschnitt am Drehort. Die WTN-Zentrale in London übernimmt die endgültige Überspielung des Bildmaterials an die Fernsehsender und die Erstellung zusätzlicher Shot-lists, aus denen die bearbeitenden Redakteure in den Sendeanstalten ersehen, wann und wo welche Aktionen und Personen zu sehen sind.

Reuters ist heute ein Informationsriese

Ähnlich funktioniert die Videoproduktion von Reuters TV, das weltweit mit etwa 450 Angestellten in 35 Büros arbeitet. Doch unterm Strich macht der Handel mit Nachrichtenfilmen hier nur einen geringen Teil des Geschäfts aus. Reuters Ltd. ist zu einem multimedialen Informationsriesen geworden, der seine Informationen immer weiter auf einzelne Klientengruppen spezialisiert. Interessant sind für den Konzern dennoch die Synergieeffekte: JournalistInnen in den weltweit 120 Pressebüros reißen Themen an, die von ihren TV- Kollegen anschließend exklusiv ins Bild gesetzt werden.

Derartige Überlegungen haben wohl auch die amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press (AP) dazu verleitet, jetzt mit einer eigenen Nachrichtenfilmagentur ins Videobusiness einzusteigen. Genau drei Jahre nach dem Golfkrieg, im Januar 94, beschloß die AP-Spitze in New York, eine Agentur namens AP-Television ins Leben zu rufen, mit der die „Dienstleistungen“ von Associated Press, die bisher „Nachrichten, Bilder, Grafiken und Rundfunkmeldungen umfassen, um einen zukunftsträchtigen Sektor erweitert werden“ sollen.

Am vergangenen Sonntag startete der Dienst von APTV mit Videobildern aus Bosnien, vom Rennsieg Michael Schuhmachers und von Bill Clinton in Fernost. Mit der größten Einzelinvestition in der Geschichte der Nachrichtenagentur – Branchenkenner gehen von 60 bis 65 Millionen Dollar aus – kauften die New Yorker unter anderem ihre komplette Videotechnik bei Sony ein. Sie engagierten für ihre weltweit 93 Büros mehr als 130 FernsehjournalistInnen, die gemeinsam mit rund 400 freien Mitarbeitern auf die Bilderjagd gehen.

Mit diesem zusätzlichen Mitarbeiterstamm liegt APTV ungefähr gleichauf mit Worldwide Television News. Auch die geschätzten Anfangsinvestitionen entsprechen ziemlich genau der Größe von WTN. Fünf Jahre hat Associated Press sich selber eingeräumt, um aus den roten Zahlen herauszukommen. Alles läuft auf einen Verdrängungswettbewerb hinaus. Nicht ausgeschlossen, daß WTN – das bisher noch unter dem Slogan operiert „We're already there“ – dann nicht mehr dasein wird. Achim Baum

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