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Arbeit aus dem Kinosessel

■ Statt einer Reihe von Hollywood-Schinken präsentieren die „2. Oldenburger Filmtage“ unbequeme Alltagskultur

Erst die Arbeit und dann... na ja, vielleicht ins Kino? Ab Donnerstag läßt sich beides miteinander verbinden, denn die „2. Oldenburger Filmtage“ behandeln, nachdem 1993 „Sinti und Roma“ den thematischen Schwerpunkt bildeten, in diesem Jahr all das, was mit dem Erwerbsleben zusammenhängt.

Wer hier einen sozialkritischen Ansatz bei den OrganisatorInnen vermutet, liegt durchaus richtig. Bewußt setzt sich das Medienbüro sowie die sechs kooperierenden Film- und Kinoinitiativen vom Konzept des „Filmfest Oldenburg“ ab. Dort zeige man, erklärt Ali Zahedi, Mitarbeiter des Medienbüros, vornehmlich amerikanische Filme: „Wir aber wollen keine Hollywood-Kultur, sondern unabhängige Filmemacher unterstützen.“

Dazu gehört die Ambergruppe, die die Industrieproduktion in Nordostengland dokumentiert und mit mehreren Beiträgen im Programm vertreten ist. Am Donnerstag wird „Glassworks“ gezeigt, ein Film über die traditionsreiche Glasherstellung in England. Überraschung der OrganisatorInnen: Abgesehen vom slowenischen, in den USA aufgewachsenen Pianisten Chris Jarrett sind auch die Filmemacher bei der Eröffnungsfeier anwesend. Was es heißt, als schwarze Frau in einer Großstadt ohne Geld zu leben, zeigt am selben Abend der brasilianische Film „Oppression“ von Mirella Martinelli.

Am Freitag bietet das Programm weitere Höhepunkte: „Eating out“ des norwegischen Regisseurs Pal Sletaune ist eine schwarze Komödie über einen Mann, der in seinem schmuddeligen Imbiß sitzt und Opfer eines ungewöhnlichen Überfalls wird. Mikael Kristersson produzierte mit dem „Portrait eines Vagabunden“ ein Road Movie, das per Fahrrad durchs schöne Schweden führt. Schlechtere Arbeitsbedingungen hatten die Matrosen bekanntlich auf dem „Panzerkreuzer Potemkin“. Der Eisenstein-Film, der in einer solchen Reihe nicht fehlen darf, wird von Chris Jarrett am Piano begleitet.

Ebenfalls Geschichte dokumentiert am Sonntag der Film „Reichseinsatz“. Um das System der Zwangsarbeit im Nazideutschland zu durchleuchten, sammelte Wolfgang Bergmann in zehn Ländern bislang unbekanntes historisches Material. In den Archiven verschwunden war zeitweise auch die „Spur der Steine“. Zimmermannsbrigadist Manfred Krug alias Hannes Balla war den DDR-Behörden weiland zu aufmüpfig.

45 Filme aus der ganzen Welt, darunter auch zwei peruanische Kinderfilme, stellten die OrganisatorInnen für die fünf Spielstätten der Filmtage zusammen. Beim Videofest, das am Montag startet, werden vornehmlich Arbeiten aus dem Nordwesten Deutschlands gezeigt. Das cineastische Treiben endet am Mittwoch mit einer big party. dah

Nähere Infos über Medienbüro Oldenburg, Tel.: 0441/8859062

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