: Justus, unsere Zuversicht
■ Frantz gab den Stab ab / Es trauert Dirk Knipphals
Mensch, Justus, wie gemein. Kritisiert haben sie Dich, die blöden Nordlichter. Wegen bummeliger 3,75 Millionen Mark. Ha, Kleingeld. Wer ist das eigentlich, der Dir an die Wäsche will? Peer Steinbrück, ein Wirtschaftsminister. Aus einem Bundesland ohne Kultur und vor allem auch fast ohne Wirtschaft. Aus Schleswig-Hol-stein, dessen Bauern Du mit deinem Festival erst kultiviert hast. Von Musik versteht der nichts. Beweist schon seine Aussage, daß er Deinen Rücktritt „angemessen“ findet. Sei getrost, Justus Frantz, so einen wie Dich finden die niemals wieder. Und der Steinbrück, den Du als neuen „künstlerischen Leiter“ vorschlägst, ist doch kein Ersatz für Dich. Aber das hast Du ja wohl ironisch gemeint, oder?
Uns kann niemand was vormachen, es war eine schöne Zeit. War es nicht lustig, als die jungen Teilnehmer der Orchesterakademie in Salzau vergangenen Sommer öffentlich Deine musikalischen Fähigkeiten anzweifelten? Und als Intendant des Schleswig-Holstein Musik-Festivals die Hornisten anzuweisen, beim Blasen zu lächeln, das macht Dir keiner nach. 200.000 Mark im Jahr hast Du als Intendant verdient, die Auftritte als Pianist und Dirigent selbstverständlich nicht gerechnet.
Du hattest recht, zurückzutreten. Wer Deine Fähigkeiten nicht anerkennt, ist Deiner nicht wert. Uns aber, lieber Justus, bist Du sympathisch. Das ganz große musikalische Genie bist Du nicht, wir ahnten es längst. Daß Du aber, wie es scheint, auch nicht mit Geld umgehen kannst, macht Dich nur noch liebenswerter. Wir flehen: Flüchte nicht nach Gran Canaria auf Dein zwölf Hektar großes Anwesen. Fang doch lieber – wenn du jetzt nichts mehr zu tun hast – einfach bei uns an. Zu taz-üblichen Spitzenlöhnen darfst Du gerne unsere Büros beschallen. Denn Deine Musik, sie stört ja nicht. Bei uns brauchst Du auch gar nicht so viel zu üben, das machst Du ja nicht so gern. Und wenn Du auf Reisen gehst, was Du ja viel lieber tust, als diese nervigen Proben über dich ergehen zu lassen, dann nimmst Du unsere Hammond-Orgel einfach mit. Du kannst doch Orgel spielen?
Mögen auch alle wackeln, wir stehen in Treue fest. Justus, unsere Zuversicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
