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■ Urdrüs wahre KolumneTosamen sünd wi stark

Müssen wir uns solche Nikoläuse gefallen lassen? Ist das Werbung für die City? Hockt da in der Cafeteria eines Bremer Kaufhauses ein Herr im roten Mantel und mit Jute-statt-Plastik-Sack, den Wattebart auf den Tisch neben das Tagesgericht gelegt. Kommt ein argloses Mädel von höchstens fünf Jahren daher, seinen Dino-Kinderteller samt Cola extra verlassend und brabbelt dem Kaufhaus-Nikolausi einen weihnachtlichen Vierzeiler vor. Dieser aber, ganz und gar gefühlloser Lohn-sklave, weist die Kleine barsch zurück: „Geh mir nich auffen Senkel, ich hab jetzt Mittag!“ Dieses, Herr!, ist nicht korrekt. Stäupen Sie sich gefälligst selbst mit der Rute!

Gibt ja Leute, die halten den Peter Sakuth für einen ganz raffinierten Hund und ein solches Image ist einem sozialdemomkratischen Politiker in Bremen nicht immer nützlich. Um sich von diesem Verdacht zu befreien, gab sich der Fertighausverkäufer aus dem Interhomes-Geschwader des bösartigen Konsuls Karlchen Grabbe auf dem Parteitag des Unterbezirks West jetzt mal ganz auffällig blöd. Als in einer Resolution des Ortsvereins Ohlenhof der Brandanschlag auf ein türkisches Vereinshaus im Lindenhof herzhaft verurteilt wurde, dabei aber auch Sakuths Brötchengeber Grabbe wegen seiner Äußerungen gegen kurdische Vereine und Senatorin Trüpel gerügt wurde, verlangte der treue Arbeitnehmer getrennte Abstimmung über die einzelnen Absätze des Antrags und enthielt sich dann ostentativ bei der Kritik an seinem Oberpolier. Am Ablauf änderte das zwar nix, aber jetzt kann er doch das Protokoll dem Herrn Chef ganz ehrfurchtstoll in den Stinkstiefel stecken. Hätte er sich nur eine Pinkelpause als Auszeit genommen, so wäre der Loyalitätsbeweis ja nicht zu dokumentieren gewesen...

Auf dem Domshof-Wochenmarkt schwenkt ein rabiater Landschlachter eine gediegene Mettwurst und preist sie einer vorübergehenden Dame um 5O mit den Worten an: „Wer so eine Wurst hat, braucht keinen Sexshop für Frauen“. Worauf die durchaus bürgerlich gekleidete Frau kontert: „Steck dir das Teil doch in den Arsch, du schwuler Bock“. Fast blieb dem Kerl da der Atem weg. Leider nur fast.

Inzwischen haben Senat und Bürgerschaft nach diversen Eiertänzen immer um die Ampel rum beschlossen, das Plattdeutsche für die Europäische Charta III der Regionalsprachen anzumelden. Man met dat Tostimmen alleen weer dat noch nich daan: De tostännigen Ressorts hebbt den ganzen Beriek Schoolbildung weglaten! Dat, wat in vele Scholen in–n Plattdüütschunnericht maakt ward, de ook as Tüügnisnoten för–t Abitur mettellt ward, ward vun jümm för de Charta för nix ankeken.Wat schall dat? Wüllt se dat amenn allens wegfallen laten un wegsporen? Man dat fallt nu op: Wi hebbt dat markt un sett us to Wehr! Oppaßt, wenn de Behörden un Verwaltungen use noch lebennige Spraak so suutje üm de Eck bringen wüllt. Na de Anfraag vun de Börgerschapsfraktschonen bi den Senaat an–n 14.12. ward sick wiesen, of se bi den Bildungssenator doch noch den rechten Weg nahmen hebbt. Wenn nich, bruukt wi neje Aktschonen: Tosamen sünd wi stark!

Nicht mal auf dem längst vergessenen Erweiterungsgelände des Friedhofs an der Lesum will Burger Bürgersinn die Ansiedlung der sanften Öko-Hippies vom Weidedamm dulden. Zum Sprecher des vereinigten Angsthasentums macht sich u.a. der bislang vor allem durch ungelenke Pressemitteilungen bekanntgewordene CDU-Nachwuchspolitiker Ronald Mike Neumeier und das läßt uns hoffen, daß die Volkserhebung an der Lesum sang- und klanglos einschläft: „Der Senat begeht Rechtsbruch. Er kann nicht einfach aus einem Friedhof ein Wohngebiet für Weidedamm-Besetzer machen.“ Ja will denn Roland Mike lieber einen Friedhof aus dem Wohngebiet der Weidedamm-Besetzer machen? Schönen Advent denn auch. Und SusanniSusanniMakramee...

Ulrich Reineking-Drügemöller

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