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Mittelweser: Baggern oder Nachdenken

■ Häfensenator und Bund zeigen wenig Interesse an Vermeidung ökologischer Schäden per EDV

Bleibt die Mittelweser zwischen Minden und Bremen ein Fluß, oder wird sie zum Schnellweg für Binnenschiffe ausgebaut? Am 20. Dezember hatte sich der Bremer Senat in dieser Frage auf einen Formelkompromiß zwischen Häfen- und Umweltsenator geeingt. Danach steuert Bremen zwar „bis zu 14 Millionen Mark“ zur „Schiffbarmachung der Mittelweser“ für das neue, 110 Meter lange und 11,4 Meter breite Großmotorgüterschiff (GMS) bei, geht aber davon aus, daß ein intelligentes Verkehrsleitsystem „zur Minimierung der ökologischen Eingriffe und entsprechender Reduzierung der Kosten eingesetzt“ wird. Dieser Beschluß müßte – wäre er ernst gemeint – jetzt allerdings gegenüber dem federführenden Bundesverkehrsministerium auch durchgesetzt werden. Doch das hält der Häfensenator nicht für seine Aufgabe.

„Eine ökologisch möglichst verträgliche Lösung kann keine Bedingung im Rechtssinne sein“, meint die Ressort-Justitiarin, Renate Bartholomäus-Lüthge, „es gibt keine Möglichkeit, so etwas in einem Vertrag mit dem Bund festzuschreiben.“ Und zuständig für die technische Umsetzung des Mittelweser-Ausbaus für das GMS sei sowieso allein der Bund. „Wir sind in Bremen nicht Herr des Verfahrens.“

Zuständiger Planer des Bundes ist Dieter Schmidt-Vöcks beim Wasser- und Schiffahrtsamt in Hannover. „Von den insgesamt 39 problematischen Kurven werden wir rund 13 verbreitern müssen“, meint er. Würde man den Eingriff in die Flußlandschaft zwischen der Allermündung bei Verden und dem Bremer Weserwehr noch weiter „runterschrauben“, wäre das Ziel, die Mittelweser für das GMS befahrbar zu machen, nicht mehr zu erreichen.

Doch genau das behauptet das Bremer Elektronik-Unternehmen STN-Atlas Elektronik. Die STN-Ingenieure gehen davon aus, daß sie mit ihrem „mobilen Binnenschiffahrts-Informationssystem“ (Mobis) das Baggern an der Mittelweser fast völlig vermeiden könnten. Sie schlagen vor, die großen Schiffe per EDV einfach so zu steuern, daß sie sich in den problematischen Kurven überhaupt nicht begegnen. Die Kapitäne bekommen bei der Einfahrt in die Mittelweser einen Kleincomputer ausgehändigt, auf dessen Bildschirm ihnen die Fahrtgeschwindigkeit entsprechend vorgegeben wird. Am Ende des problematischen Flußstückes geben sie die High-Tech-Kisten wieder ab.

Die Steuerung der Schiffe passiert – ähnlich wie bei der Flugsicherung – über einen zentralen Rechner, der die genauen Schiffsstandorte per Satellitenpeilung ermittelt. Wartezeiten sind dabei für die GMS-Kapitäne minimal, denn die Verkehrsdichte ist auf der Mittelweser so gering, daß die Schiffe durch geringe Geschwindigkeitsänderungen problemlos aneinander vorbeigelotst werden können.

Die Technik dafür ist ausgereift und wurde an einem Rhein-Abschnitt auch bereits erprobt. Außerdem ist sie gegenüber dem Ausbaggern der Kurven unschlagbar billig. STN hat einmalige Installationskosten der Anlage von unter 1,5 Millionen Mark errechnet. Dazu kommen 20.000 Mark pro Kleincomputer für die Schiffe. Da die Mittelweser täglich kaum von mehr als 20 der übergroßen GMS befahren werden wird, bleibt der Gesamtpreis der ganzen technischen Ausstattung weit unter zwei Millionen Mark. Für den Ausbau der Mittelweser auf GMS-Standard mit dem Bagger kalkuliert der Häfensenator Kosten von rund 40 Millionen Mark.

Damit sich die intelligente und billige Lösung allerdings tatsächlich gegen das teure Baggern durchsetzen kann, muß noch einiges bewegt werden. Der zuständige Planer in Hannover jedenfalls hatte bis gestern von der STN-Technik „überhaupt noch nichts gehört“.

Dirk Asendorpf

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