■ Basketball: High-Five für Droste-Hülshoff
Leverkusen (taz) – Das Ganze kommt einem vor wie ein mehrfach wiederholter Mehrteiler im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Der Vorspann ist vertraut, die handelnden Charaktere hat man mehr oder weniger in sein Herz geschlossen, und die eingebauten Handlungsparameter sind genauso kalkulierbar wie das Ende der Veranstaltung. Und an diesem Ende heißt es für die Basketballer von Bayer Leverkusen dann immer wieder: „Ihr habt euer Bestes gegeben, aber die anderen Teams in der Europaliga sind halt ein bißchen besser. Schade, daß ihr die Qualifikation für das Viertelfinale wieder mal verpaßt habt – dann halt auf ein neues im nächsten Jahr.“ So reagiert der Trainer, so reagiert der Manager, und so reagieren auch die meisten Zuschauer auf das regelmäßige Ausscheiden.
Aber bei aller Gleichförmigkeit bot diese Europaliga-Saison zumindest in der Dramatik einiges an Neuem. Die ersten vier Spiele verlor Deutschlands beste Vereinsmannschaft, worauf sich der übertragende Fernsehsender 3sat zu Wort meldete. So ginge das ja nicht weiter, und man überlege ernsthaft, die Berichterstattung einzustellen. Manager Otto Reintjes geriet bei dieser Androhung gehörig ins Schwitzen. Er sah das liebe Geld wegschwimmen und appellierte eindringlich an die Mannschaft, doch endlich wieder mal zu siegen. Und die Mannschaft tat wie geheißen. Die nächsten vier Spiele gewann sie und schrieb mit dem ersten Sieg gegen eine italienische Mannschaft (Buckler Bologna) ein bißchen Vereinsgeschichte in der Europaliga.
Die Euphorie kehrte für eine kurze Weile zurück, und auch den krankheitsbedingten Ausfall des amerikanischen Centers Abdul Shamsid-Deen (Herzmuskelerkrankung) schienen die Leverkusener kompensieren zu können. Aber so, wie das kaum mehr erhoffte Glück kam, so ging es auch wieder. Bei den folgenden Auswärtsspielen in Barcelona und Istanbul fanden die Bälle zu selten den Weg in das gegnerische Netz, und vor dem Heimspiel gegen den großen Favoriten Olympiakos Piräus bestand lediglich eine rechnerische Chance auf den vierten Gruppenplatz und das damit verbundene Weiterkommen.
Und in diesem Spiel zeigten sich dann auch wieder all jene Probleme, über die so oft schon geschrieben und geredet worden ist: Bayer hat eine, zumindest in Europaliga-Relationen, zu schwach besetzte Bank, muß deshalb zu lange die beste Fünf auf dem Platz lassen. Das kostet Kraft, und wenn ein so wichtiger Spieler wie Center Christian Welp dann noch mit einer starken Brustprellung ins Spiel geht, wird es noch schwerer – oder leichter für den Gegner. Piräus spielte abgezockt, lag in der ersten Halbzeit bis kurz vor Schluß zurück, drehte das Spiel dann sukzessive um und gewann am Ende mit zehn Punkten.
Der TV-Mehrteiler hatte das erwartete Ende gefunden, und der Betrachter freut sich jetzt schon auf die Wiederholung im nächsten Jahr. Davor hat der Basketball- Gott aber kein geringeres Ziel als die erneute Qualifikation gesetzt, und die wird nur dann erreicht, wenn Bayer wieder Deutscher Meister wird. Eine Sache, über die nicht nur Henning Harnisch seine Gedanken verliert: „Alba Berlin ist dieses Jahr viel stärker.“ Und nach einer kurzen Pause dann: „Ach was, schreib einfach: ,Ein High-Five geht an Tankred Droste-Hülshoff!‘“ Zurück bleibt ein ratloser Reporter.Thomas Lötz
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