■ Ökologischer Umbau bei der Bundesbahn: Auto statt Stulle
Gehst du zur Bundesbahn, vergiß dein Auto nicht. Das ist künftig oberste Devise für den ökobewußten Traveller, sofern er sich nicht finanziell ruinieren will. Vorbei die Zeiten, als wir vor jeder Zugfahrt mühselig Stullen schmierten und Espresso in die taz-Thermoskanne füllten, um das Geld für den Bahnkellner zu sparen, der für eingeschweißte Matsch-Brötchen an Salatblatt und Mayonnaise-Dip ohne Wimpernzuckung sechs Mark abforderte. Geschenkt, heute sparen wir anders: Wir schultern unseren Boliden!
Von Berlin nach Hannover fährt ab April ein DB- Autoreisezug, der – alles erster Klasse – hin und zurück schlampige 149 Mark kostet. Pro Auto. Und jetzt kommt's: Die Zahl der mitreisenden Personen spielt dabei keine Rolle, der Preis bleibt fix. Womit, nach Adam Riese, schon zwei Personen mit Auto billiger fahren als ohne. Denn das reguläre Ticket, ohne den „Golf“ im Gepäck, kostet pro Person 92,40 Mark in der ersten Klasse. Wer zu dritt oder zu viert in den Urlaub fährt, müßte schon „mit dem Klammerbeutel gepudert sein“ (Björn Engholm), wenn er aufs Auto verzichten würde.
Nebenbei: Keiner kann Sie zwingen, Ihr Auto zu bewegen. Es genügt, die Kiste aufzuladen und am Bahnhofsvorplatz abzustellen bis zur Rückfahrt. Nichtautofahrer sollten sich unbedingt was Gebrauchtes besorgen. Das amortisiert sich ruckzuck. Oder eine Rostbeule vom Schrottplatz holen. Ob die Gefährte ein Nummernschild tragen müssen, war von Schienenchef Heinz Dürr gestern nicht zu erfahren. Nur Verrückte fahren jedenfalls noch ohne Auto nach Hannover. Und hoffentlich bald auch nach Moskau, Paris und Castrop-Rauxel.
Wer zusätzlich seinen Zweitwagen mitführt, könnte sich möglicherweise weitere Vergünstigungen erhoffen, das Auto am Bahnhof an unmotorisierte Reisende ausleihen, rent-a-car mit neuen Dimensionen. Fremde könnten sich zu Fahrgemeinschaften neuen Stils zusammenschließen, bis zu fünf Personen auf einem Autoticket reisen. Je größer die Kiste, desto besser.
Das nennt man ökologisch Umsteuern bei knallhart kalkulierten Preisen. Die Versöhnung mit der Autoindustrie per Huckepackverkehr. Und so ganz nebenbei beendet der Autoreisezug endlich auch den Todeskampf um die Parklücke. Die Metropolen werden vom Stellflächenstreß entlastet, die Autos parken auf der Schiene. Chapeau, Heinz Dürr! Ganz schön innovatief! Manfred Kriener
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