■ Die EU-Agrarminister und das Schlachtvieh: Mach mal Pause!
Die wahren Vegetarier sitzen in Brüssel. Sie unternehmen alles, um auch dem letzten Steak die grünlich- schlierige Duftmarke der Tierquälerei zu verpassen. Sie heißen Borchert (D), Puech (F) und Co – die Combo der EU-Agrarminister. Mit einem mehrtägigen Verhandlungsmarathon suchen sie erneut nach einer Lösung für die umstrittenen Schlachtviehtransporte. Heraus kommt bestenfalls ein schlechter Kompromiß für die letzte Reise. Mit Tierschutz hat das wenig zu tun, Mitleid für die Kreatur gibt es im Europa der offenen Grenzen schon längst nicht mehr. Tausende toter Tiere krepieren jedes Jahr in den LKW- Boxen auf den tagelangen Fahrten zu den Schlachthöfen quer durch Europa. Spätestens seit der Tierarzt Hermann Focke den Transportern hinterherfuhr und das Siechtum dokumentierte, wissen wir Bescheid.
Seit Monaten wird jetzt verhandelt. Niemand versucht mehr zu verbergen, daß es dabei um rein wirtschaftliche Überlegungen geht. Die einzig sinnvolle Lösung taucht in den diversen Kompromiß-Angeboten nicht einmal mehr auf: mit den Tieren zum nächstgelegenen Schlachthof zu fahren, sie dort zu schlachten und das Fleisch per Kühltransporter abzufahren. Doch die Südländer – vor allem Frankreich, Italien, Spanien – befürchten höhere Fleischkosten, wenn ihre importierten Tiere im Norden zerhackt und verpackt werden. Zudem haben sie mit EU-Fördermitteln eigene, riesige Schlachthöfe gebaut.
Als aussichtsreichster Kompromißvorschlag wird jetzt eine „Intervall-Lösung“ diskutiert. Nach acht Stunden soll es für Schaf und Ochs ein Päuschen geben. Vielleicht dürfen sie dann gemeinsam mit ihrem Chauffeur eine Runde über den Autobahn-Parkplatz drehen. Am Prinzip der tagelangen Dauertransporte würde sich jedenfalls nichts ändern: Tierquälerei mit Rastplatz-Garantie. Die Deutschen wollen gemeinsam mit den Exportländern Großbritannien und Dänemark die Transportdauer auf acht Stunden begrenzen. Keine Illusionen! Auch den Nordländern geht es nicht allein um den Tierschutz, sondern um die Auslastung der heimischen Schlachthöfe.
Als Ausweg aus der Misere bleibt vielleicht tatsächlich nur der Vorschlag der „Tagesthemen“: die Ministerrunde in Oldenburg verladen und sie im geräumigen Viehtransporter nach Neapel karren. Auf das bei Schweinen übliche Coupieren der Schwänze sollte indes verzichtet werden. Und am Brenner wird selbstverständlich haltgemacht, um die Herren zu tränken und Wasser abzuschlagen. Intervall-Lösung! Manfred Kriener
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