piwik no script img

Rettungsversuch mit Fallstricken

US-Außenminister beginnt Vermittlungsreise im Nahen Osten /Israel hofft auf Impulse für Verhandlungen mit Syrien / Streit um Atomwaffensperrvertrag soll Ende finden  ■ Aus Tel-Aviv Amos Wollin

Zur Rettung des festgefahrenen Friedensprozesses, wie es landläufig heißt, hat sich der amerikanische Außenminister Warren Christopher erneut auf eine Vermittlungsreise in den Nahen Osten begeben. Erste Station war gestern die ägyptische Hauptstadt Kairo. Von dort aus wird Christopher nach Israel, Saudi-Arabien, Syrien und Jordanien weiterreisen.

Israel erhofft sich von der US- Mission vor allem neue Impulse für die ins Stocken geratenen Friedensgespräche mit Syrien, die bereits seit drei Jahren unter Beteiligung amerikanischer Diplomaten in Washington geführt werden. An der letzten Sitzung der betreffenden Botschafter im Dezember hatten sich auch die beiden Armee- Stabchefs beteiligt und so den Dialog über zukünftige Sicherheitsvorkehrungen im Golan eröffnet, die den einzelnen israelischen Rückzugsphasen folgen sollen. Seither hat es so gut wie keine Bewegung in den Verhandlungen mehr gegeben. Sowohl in Damaskus als auch in Jerusalem erwartet man jedoch eine baldige Wiederaufnahme der Gespräche für den Fall, daß es Warren Christopher bei seiner gegenwärtigen Reise gelingt, mit „neuen Ideen“ nachzuhelfen.

Bislang konnte der israelische Ministerpräsident Jizhak Rabin verhindern, daß Washington mit eigenen Kompromißformeln in die politische Debatte eingreift, die Israel zwingen würden, die eigenen Bedingungen an Damaskus zu ändern. Rabin zieht jetzt auch deshalb eine Erneuerung der im Dezember abgebrochenen militärischen Kontakte auf höchster Ebene den „zivilen“ Verhandlungen auf Botschafterebene vor. Die Syrer aber werden nur dann „anbeißen“, wenn sich Israel verpfichtet, bezüglich der Sicherheitsmaßnahmen kompromißbereiter zu sein.

Nicht nur in Syrien, sondern auch in Ägypten wurde die von Rabin erneut zum Ausdruck gebrachte Bedingung abgelehnt, daß Syrien bereits nach einer sehr eingeschränkten, ersten israelischen Rückzugsphase im Golan, die Beziehungen mit Jerusalem in vollem Ausmaß normalisieren muß, damit Israel Gelegenheit gegeben wird, die syrische Haltung zu „testen“.

Während seiner Nahost-Reise will Warren Christopher auch mit dem Chef der palästinensischen Selbstverwaltung, Yassir Arafat zusammenkommen, der die geringe internationale Hilfe für sein einstweilen nur auf den Gazastreifen und Jericho beschränktes Autonomiegebiet beklagen will.

Arafat wird fordern, daß Israel seinen Verpflichtungen im Rahmen der Abkommen von Oslo und Kairo auch am besetzten Westufer nachkommt. Die Mehrheit der Israeli und Palästinenser ist heute der Meinung, daß der Osloer Friedensprozeß definitiv tot ist. Kaum jemand erwartet, daß ihn der amerikanische Außenminister wiederbeleben kann.

Zuversichtlich ist man in Washington hingegen, daß es Christopher bei seiner Rundreise gelingt, die Unterstützung aller Mitglieder der Arabischen Liga für die amerikanischen Pläne zur automatischen Verlängerung des Atomwaffensperrvertrags zu gewinnen – auch wenn sich Israel weiterhin weigert, den Vertrag zu unterzeichnen. Der israelische Außenminister Schimon Peres will von seiner neuesten Formel nicht abweichen: Zwei Jahre nach Herstellung eines umfassenden Friedens im Nahen Osten, der auch Iran einschließt, wäre Israel bereit, den Vertrag zu unterzeichnen, oder, nach einer anderen Version, alsbald Verhandlungen zur Einrichtung einer atomwaffenfreien Region zu führen. Ägypten ist nicht bereit dieses „letzte Wort“ zu akzeptieren. Washington hat sogar mit dem Entzug von Hilfsgeldern gedroht, falls Kairo daher tatsächlich die eigene Unterschrift unter den Vertrag verweigern sollte und weitere Mitglieder der Arabischen Liga dementsprechend zu beeinflussen suche.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen