Kommentar: Zum Kotzen?
■ Untersuchungskommission muß her
Dealer mögen wir nicht. Trotzdem darf man sie nicht mit möglicherweise lebensgefährlichen Mitteln zum Erbrechen von Beweismitteln bringen. Das widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zumal viele Unschuldige dran glauben müssen.
Lob gebührt deshalb dem Anti-Rassismus-Büro, daß es jetzt die Öffentlichkeit vehement auf dieses Problem stieß. Kritisiert werden muß die autonome Initiative allerdings dafür, daß sie erneut keine ZeugInnen lud und der Presse auch keine Hinweise für Eigenrecherche gab. Erst recht unglaubwürdig macht sich das Büro durch Vergleiche wie den, daß der Polizeiarzt ein zweiter Mengele sei.
Dennoch: Die Politik muß auf die Vorwürfe reagieren. Endlich reagieren. 1992, als der Vorwurf der lebensbedrohlichen Ermittlungspraxis schon einmal gegen die Polizei erhoben worden ist, wurde nur das noch umstrittenere Brechmittel Apomorphin abgesetzt. Notwendig wäre jetzt eine Untersuchungskommission, und zwar eine unabhängige. Denn daß Staatsanwälte gegen ihre eigene Hilfskraft, die Polizei, nicht immer neutral ermitteln, hat sich schon in anderen Städten gezeigt.
Dealer mögen wir nicht. Aber an verschluckte Kokainpäckchen kommt man auch anders ran. In Hamburg wartetet man einfach den natürlichen Lauf der Dinge ab. Das ist ungefährlich und verhältnismäßig. Christine Holch
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