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■ ÖkolumneDie große Allianz Von Thomas Worm

Die Zeit ist reif. Reif für die „große Allianz“ aller Profiteure einer erdverträglichen Effizienzwirtschaft. Spätestens seit das Deutsche Institut für Wirtschaftswissenschaft (DIW) ausgerechnet hat, daß die Gewinnerseite einer ökologischen Steuerreform stärker zu Buche schlägt als die Verliererseite, stellt sich die Unternehmenslandschaft in neuem Licht dar. Dienstleistungsbetriebe, weite Teile der Investitionsgüterindustrie und sogar das Baugewerbe könnten als Nutznießer einer Energiesparwirtschaft starke Verbündete beim sozialökologischen Umbau der Industriegesellschaft werden. Sie sind die Anwärter für Kamingespräche mit dem Wirtschaftsminister.

Strahlender Beweis für die Effizienz wohlplazierter Lobbyarbeit lieferte lange Zeit das Deutsche Atomforum. Allein in den letzten beiden Jahrzehnten stellten Bund und Länder 50 Milliarden Mark zur Förderung der Atomenergie bereit. Möglich gemacht hat das eine Handvoll professioneller Überzeuger.

Wo also bleibt das deutsche Effizienzforum mit seinen Branchenführern aus Elektroindustrie und Maschinenbau, das vom Fiskus Milliardenbeträge loseist, um ein Einmilliondächer-Programm für Solarenergie anzuschieben und die hiesige Sonnenstromtechnik international marktfähig zu machen? Wo das Energiesekretariat Deutschland, dessen Kleinstromproduzenten allen verschatteten Kommunalpolitikern die Notwendigkeit einer angemessenen Einspeisevergütung für Sonnenstrom verklickern? Wo das Bundesbüro Zukunftswirtschaft, in dem sich Firmenverbände wie B.A.U.M. oder UnternehmensGrün zusammenschließen, um mit Werbekampagnen den Boden für die ökologische Steuerreform zu bereiten und die Säuselstimmen von Chemieindustrie und Energieversorgern zu übertönen?

Die Aufgabe, eine große Allianz der Nachhaltigkeitsgewinner auf den Weg zu bringen, fiele eigentlich den Organisationen der Umweltbewegung zu. Wer anders sollte den politischen Versagern die Grundregeln eines Ökomanagements einflüstern? „Sie beginnen fast zu weinen und bekennen, wie unsicher sie sind, was zu tun wäre“, berichtete im Spiegel der Präsident des Club of Rome, Ricardo Diez Hochleitner, über seine Erfahrungen mit umweltgeplagten Entscheidungsträgern, die aus Angst um den Job ihre Gehirne abschalten. Deutsche Köpfe findet man halt überall. Doch bietet gerade ein Vakuum Platz für alle möglichen „Zukünfte“.

Die Umweltorganisationen haben das bisher nicht recht begriffen. Noch zu sehr sind sie damit beschäftigt, miteinander zu wetteifern, profitträchtige Kampagnen zu betreiben und in Zeiten rarer grüner Scheine ja keinen Sponsor aus den Augen zu verlieren. Argwöhnisch beäugen sie den Aktionsbereich der Nachbarorganisation, pflegen ihre Themenfelder wie kleine Grundbesitzer. Ob Kerosinabgabe oder Klimabombe, ob Artenschutz oder bedrohte Wälder – BUND, Greenpeace, WWF und andere stimmen sich nur in Ausnahmefällen ab. Mögliche Synergieeffekte, die sich aus einer verabredeten Lobby- und Kampagnenarbeit ergeben könnten, kommen nicht zustande. Wie wäre es zum Beispiel mit einer nationalen Konferenz der Pressesprecher für die strategische Grobplanung?

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Den Umweltorganisationen soll keinesfalls ihr autonomes Existenzrecht abgesprochen werden. Sie alle werden gebraucht mit ihrem speziellen Sachwissen, ihrer Streitbarkeit, ihrer tätlichen Lokalpräsenz. Nein, es geht vielmehr darum, klarzumachen, daß jede einzelne von ihnen viel zu klein und viel zu schwach ist, um aus sich heraus die nötigen Schritte hin zu einer ökosozialen Lebens- und Wirtschaftsweise zu bewirken.

Ohne oder gar gegen die Unternehmen, die immer mehr zu „quasi-öffentlichen Institutionen“ werden (ökologische Briefe), hat ein Gesellschaftswandel keinerlei Chance. Nach wie vor verhindert eine gutorganisierte Wirtschaftslobby künftiger Looser die Abkehr vom Zeitalter der Fossilbrennstoffe und Verschwendungsindustrie. Der breite politische Einfluß dieser Blockierer steht genau im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Engstirnigkeit. So muß es nicht bleiben. Die Gewinner auf der Produzenten- und auch Abnehmerseite müssen sich ihrer selbst bewußt werden – und formieren. Spätestens seit Adam Smith gilt die Maxime, den Eigennutz fürs Gemeinwohl zu instrumentalisieren.

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