piwik no script img

■ StandbildKomfort-Heck

„Mit-Menschen: Höchstpersönlich – Dieter Thomas Heck“, Mittwoch, 21.15 Uhr, MDR

Es hat schon viele Versuche gegeben, Dieter Thomas Heck zu porträtieren. Stets war das gleiche zu erfahren: Der „Thomas“ sei hinzugedichtet und der Mann ein Autoverkäufer, den das Schicksal ans Mikrophon getragen hat, von wo aus er nun die Nation peinigt. Und meist hatte der Ton der Skizzen einen Hang zum Denunziatorischen – das Urteil war also längst gesprochen, ehe der Delinquent selbst Angaben zu seiner Person machen konnte.

Dieter Köster, vom Hessischen Rundfunk für die Reihe „Höchstpersönlich“ mit einem neuerlichen Versuch in Sachen Heck beauftragt, hat es anders gemacht. Er hat es auf den Schlagabtausch ankommen lassen. Damals, in den Fünfzigern, sei Rock 'n' Roll angesagt gewesen – und wo war Heck da? fragte der Autor. Wie gehe er mit Haß gegen seine Person um, wie mit Verunglimpfung?

Nie ließ Köster seine eigene Position, eben jenen Mainstream-Roller in rebellischer Pose, außer Hörweite. Heraus kam also nicht nur das Bild eines hoffnungslos freundlichen und freundschaftlich gesinnten Menschen Heck, sondern auch ein Stück deutscher Wirklichkeit. So sieht es also aus, das heimliche Idol der Deutschen so zwischen 30 und 70: weltoffen und präsent. Hochprofessionell arbeitend und ein bißchen idylleverliebt. Und durch und durch Demokrat der Nachkriegszeit.

Sein Traum wäre ein Bauernhof, sagt Heck. Das Bild zeigt eine schloßähnliche Behausung, in der es zooartig von Tieren nur so wimmelt. Muß die kritische deutsche Seele vor soviel Banalität Angst haben? Muß sie fürchten, durch einen wie ihn, was den Populismus anbetrifft, erdrückt zu werden? Ja, und Gott sei Dank.

Denn solange sich Kritik an diesem Prototyp eines Verkäufers darin erschöpft, ihm immer nur den Hang zur deutschen Sprache vorzuhalten, wird weiterhin verborgen bleiben, daß Heck vor allem eines im Sinn hat: ein schönes Leben – und wer wollte das nicht.

Köster hat es geschafft – auch durch seine in unnachahmlichem Szenedeutsch („irgendwie“, „so irgendwo“) vorgetragenen Fragen –, eine der Gruselfiguren des Ökomilieus als jemanden vorzustellen, der im Grunde das deutsche Alltagsprogramm der Nachkriegszeit heldisch vorlebt: bloß keine Politik, dafür ein komfortables Leben. Jan Feddersen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen