piwik no script img

Thailands Premier vor dem Ziel gestolpert

■ Koalition zerbricht nach Korruptionsskandal / Neuwahlen im Juli

Bangkok (AFP/rtr/taz) – Kein ziviler Regierungschef hat bis jetzt so lange in Thailand regiert wie Chuan Leekpai – 32 Monate am Stück. Sein erklärtes Ziel aber, als erster Zivilist eine volle vierjährige Amtszeit durchzustehen, mußte er nun aufgeben: Gestern hat der thailändische König Bhumipol auf Chuans Bitte hin das Parlament aufgelöst und für den 2. Juli Neuwahlen ausgerufen.

In der Nacht hatte eine der fünf Parteien der Regierungskoalition angekündigt, sie werde sich bei einer für gestern geplanten Vertrauensabstimmung enthalten und aus der Koalition aussteigen. Daraufhin stand der Regierungschef vor der Alternative, einen neuen Koalitionspartner zu suchen oder Neuwahlen ins Auge zu fassen.

Als Grund für die jetzige Auflösung des Parlaments wurden in der offiziellen Bekanntmachung starke Differenzen unter den politischen Parteien genannt. Es habe die Gefahr bestanden, daß die Arbeit der Regierung gelähmt werde.

Dem Auszug der Palang-Dharma-Partei – die auch den Vizepremierminister stellt – waren scharfe Diskussionen über Korruption innerhalb der Demokratischen Partei des Premierministers vorausgegangen. Die Opposition hatte die Regierung Chuan Leekpais beschuldigt, mit einem umstrittenen Landverteilungsprogramm nicht etwa die armen Bauern erreicht zu haben.

Statt dessen hätten die Behörden begehrte Grundstücke auf der Tourismus-Insel Phuket an zehn wohlhabende Thailänder vergeben – darunter auch an zwei Verwandte eines Parlamentsabgeordneten der Regierungspartei.

Die Regierung hatte den Fall untersucht, einen Teil des verteilten Bodens wieder konfisziert und ein paar hohe Funktionäre entlassen. Das reichte aber nicht, um der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Daß die Amtszeit Chuans, dessen Regierung nach den blutigen Unruhen 1992 an die Macht kam, nun vorfristig beendet wird, hat weitreichende Folgen: Wichtige Gesetzesvorlagen und Reformvorhaben, unter anderem zur Verbesserung der Stellung der Frauen in Thailand und zur Eindämmung des Prostitutionstourismus, werden auf Eis gelegt.

Die Fünf-Parteien-Koalition hatte nach den Wahlen vom September 1992 die Macht übernommen. Seitdem gab es drei Regierungsumbildungen. Die Armee – die in der Vergangenheit immer wieder direkt in die Politik eingegriffen oder ihre eigenen Generäle gleich an die Macht geputscht hat – kündigte an, sie werde sich aus dem Parteienstreit heraushalten. Ein Militärsprecher verwies auf Erklärungen des Oberkommandos, politische Probleme seien innerhalb des demokratischen Systems zu lösen.

Kritiker der Opposition warfen Chuan vor, durch die Festsetzung der Wahlen für den 2. Juli kleinere Parteien zu benachteiligen. Diese Parteien könnten nicht mehr genug Gelder für den Wahlkampf sammeln und hätten daher bei den Wahlen keine reellen Chancen. li

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen