Gifttanker festgesetzt

■ Transportgewerkschaft: Ab in den Hochofen

Der mit einem Auslauf- und Löschverbot belegte Chemikalientanker „Stainless Commander“ muß vorläufig auf seinem Zwangsliegeplatz in der Jademündung bei Wilhelmshaven bleiben. An dem Fahrverbot vom Donnerstag werde sich „so schnell nichts ändern“, sagte ein Experte der Seeberufsgenossenschaft gestern nach einer Untersuchung des Schiffs. Die Inspektion habe eine sieben Seiten umfassende Mängelliste ergeben, verlautete aus zuverlässiger Quelle.

In den Ladetanks ist die unter panamaischer Flagge fahrende „Stainless Commander“ mit 6.300 Tonnen Ethyldichlorid gefüllt. Der chemische Grundstoff sollte beim Wilhelmshavener Chlorchemieunternehmen EVC gelöscht werden. Das Schiff war am späten Donnerstag abend von seiner Löschbrücke bei Wilhelmshaven in die Jademündung geschleppt worden.

Der deutsche Vertreter der Internationalen Transportarbeitervereinigung ITF, Hans Kreitlow, bezeichnete den technischen Zustand und die Lebensbedingungen an Bord des 103 Meter langen Tankers am Freitag als „katastrophal“. Das 19 Jahre alte, in Japan gebaute Schiff „gehört an und für sich in den Hochofen“, urteilte Kreitlow nach einer Besichtigung.

Das in den Tanks der „Stainless Commander“ enthaltene Ethyldichlorid wird auch als „1-2-Dichlorethan“ bezeichnet. Die chemische Verbindung ist Ausgangsstoff für die Herstellung von PVC. Sie gilt nach einer Liste der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur „Maximalen Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Liste)“ als extrem kreberregend. „1-2-Dichlorethan“ ist schwerer als Wasser. Der Siedepunkt liegt bei 83 Grad Celsius. Nach den Angaben der Umweltstiftung WWF ist die Substanz in die höchste Klasse der wassergefährdenden Stoffe eingeordnet. Wegen seiner Gefährlichkeit stehe die Chlorverbindung auch auf der Tagesordnung der Nordseeschutzkonferenz am 8./9. Juni im dänischen Esbjerg.

Die 13 seit Mittwoch streikenden vietnamesischen Besatzungsmitglieder der „Stainless Commander“ haben am Donnerstag nach den Angaben von Kreitlow eine erste Rate von 32.000 US-Dollar an rückständigen Heuern erhalten. Weitere 28.000 Dollar habe die Reederei angekündigt. Nach Zahlung der Löhne wollen die Vietnamesen abmustern und Anfang der Woche in ihre Heimat zurückfliegen, berichtete der ITF-Sprecher. An Bord blieben neun russische Besatzungsmitglieder, die vertraglich anders gestellt seien als die Vietnamesen.

Die in Griechenland ansässige Reederei der „Stainless Commander“ sei der ITF keine Unbekannte, sagte Kreitlow. Von rund 80 Schiffen der Reederei – in der Mehrzahl Tanker – seien gegenwärtig 22 festgesetzt. Anlaß seien in der Regel rückständige Lohnzahlungen mit einem Gesamtvolumen von mehreren Millionen Dollar. dpa