: Bremen kommt unter die Große Koalition
■ Hartmut Perschau wird CDU-Wirtschaftssenator / SPD-Erfolg bei Wirtschaftsförder-Geldern
„Wir haben uns geeinigt, Bremen wird in den nächsten vier Jahren von einer Großen Koalition regiert.“ Mit diesen Worten kam Henning Scherf nach einem vollen Sitzungstag gestern abend vor die Presse.
In der am Sonntag so heftig umstrittenen Frage der Zuständigkeit für die 4,39 Milliarden Mark Wirtschaftsförderungs-Mittel in den nächsten vier Jahren hat sich die SPD weitgehend durchgesetzt. Beide Teile, das WAP wie das ISP, werden künftig auf die einzelnen Ressorts aufgeteilt. Beschlüsse, die über eine Million Mark hinausgehen, müssen allerdings vom Senat abgesegnet werden. Mittel, die in den Ressorts nicht ausgegeben werden, fließen in den großen Topf zurück. Und Finanzsenator Ulrich Nölle koordiniert und kontrolliert die Vergabe.
Nachdem die Ressortaufteilung festlag, konnten Fraktion und Landesvorstand der CDU am Abend ihr Personal für den Senat bestimmen. Senator für Bau, Stadtplanung und Verkehr soll Bernt Schulte werden, seit 1975 Mitglied der Bürgerschaft und Verbandsgeschäftsführer der Unternehmerverbände im Land Bremen.
Für das Wirtschaftsressort ist der erfolglose frühere Hamburger CDU-Fraktionsvorsitzende und in Sachsen-Anhalt als Innenminister über die „Gehälter-Affäre“ gestürzte Hartmut Perschau vorgesehen. Ralf Borttscheller, Jurist und seit 1979 Mitglied der Bürgerschaft, wird neuer Innensenator. Bei Redaktionsschluß stand die endgültige Abstimmung in der CDU-Versammlung allerdings noch aus.
Auch in den am Sonntag noch offenen Fragen weiterer Ressortaufteilungen wurden sich SPD und CDU gestern einig. Danach wird die Zuständigkeit für den Sport dem von der SPD geführten Ressort Bildung, Wissenschaft und Kunst zugeschlagen. Die Zuständigkeit für Bundesangelegenheiten samt der Bremer Landesvertretung in Bonn bekommt Henning Scherf. Dafür darf Wirtschaftssenator Perschau (CDU) einen zweiten Staatsrat einstellen, der im Bremer Büro in Brüssel für Europaangelegenheiten zuständig ist. Der dortige Büroleiter Manfred Mayer-Schwinkendorf, erst im vergangenen Herbst von Klaus Wedemeier auf diesen Posten gehievt, wird wieder entlassen.
Trotz des neuen Staatsrats in Brüssel soll es im neuen Senat insgesamt weniger Staatsräte geben als bisher. In den von der CDU geführten Ressorts Inneres, Finanzen, Wirtschaft und Bau wird es jedoch einer mehr als bisher. Welche Staatsräte entlassen werden, war gestern noch nicht klar.
Die umstrittene Zuständigkeit für den Bremerhavener Fischereihafen haben SPD und CDU mit einer neuen Kommission geschlichtet. Die soll paritätisch aus dem Wirtschafts- und Häfenressort besetzt werden und strittige Fragen einvernehmlich regeln. Die neue Straßenbahnlinie 4 soll auf der Schwachhauser Heerstraße zunächst nur bis zum Leher Kreisel gebaut werden. Ob dafür Autofahrspuren hochgepflastert werden oder nicht, wurde noch nicht entschieden.
„Ich bin heute nicht so glücklich wie gestern“, sagte Ulrich Nölle gestern abend nach dem Verhandlungsmarathon, der Kompromiß in der Frage der Wirtschaftsförderungs-Milliarden sei der CDU „sehr schwer“ gefallen. Ein Scheitern der Koalition mit der SPD hätte aber „an dieser Stelle nicht verantwortet werden können“, meinte Nölle. Mit dem Ergebnis könne nun sowohl die CDU als auch Bremen leben. Dirk Asendorpf
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