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■ Mit falschen Lieferscheinen auf du und duEr wurde nicht mal rot

Magdeburg (taz) – Konrad Kujau, der Mann, der mit selbstgeschriebenen Hitlertagebüchern den Stern narrte, hätte an Kurt-Heinrich Mayer seine helle Freude. Es waren schon fantastisch gute Arbeiten, die Lieferverträge, Frachtbriefe, Lieferscheine und Rechnungen, mit denen der Ex-Chef der Maschinenfabrik Sangerhausen (Samag) der Wirtschaftswelt gutgehende Geschäfte mit italienischen Firmen vorgaukelte. Die bayerische Landesbank fand die Verträge und Geschäftsunterlagen überzeugend und als Sicherheit so solide, daß sie dafür einen Kredit von 44 Millionen Mark gewährte.

Mayer steht jetzt wegen Kreditbetrugs vor dem Kadi. Der ehemalige Samag-Chef, der 1991 das Unternehmen für 30 Mark von der Treuhand kaufte, räumt freimütig ein, daß es sich ausnahmslos um Fantasie-Verträge und -papiere handelte, denen nicht ein einziges reales Geschäft zugrunde lag. „Die Formblätter für den internationalen Frachtbrief kriegen sie in jeder Buchhandlung“, belehrte er das Gericht. Das einzige Original auf den Frachtbriefen und Lieferscheinen „ist der Stempel der Samag“. Er selbst habe die fiktiven Verträge zwar nicht unterschrieben, sondern seine Mitarbeiter. Die hätten aber auf seine Anweisung gehandelt, räumte Mayer ein.

Auch die Hermes-Versicherung fiel drauf rein und bürgte für den Samag-Kredit: Solange er seine Prämien zahle, sei die Bürgschaft überhaupt kein Problem. Mayer zahlte bis Juni 1994. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. „Hätte ich die Hermes-Prämien weiterzahlen können, wäre der Bayerischen Landesbank überhaupt kein Schaden entstanden“, plaudert er in etwas verquerer Logik. „Denn die Forderungen an die italienischen Firmen haben zwar nie bestanden, waren aber schließlich hermesverbürgt.“

Der Millionenkredit aus Bayern sollte eigentlich an die Kreissparkasse Sangershausen gehen, der das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen wegen zu hoher Kredite an die Samag auf die Pelle gerückt war. Die Kreissparkase schrieb ihn aber irrtümlich dem hoffnungslos überschuldeten Samag-Konto gut. „Als ich das gemerkt habe, bin ich nicht einmal rot geworden“, sagt Mayer. „Der Rest war Schweigen.“ Eberhard Löblich

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