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■ Peter Graf und der unbestechliche deutsche FinanzbeamteAdvantage Steuermoral!

Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen. Von wegen! Es ist hohe Zeit, den deutschen Finanzbeamten und vor allem den schwäbischen, respektive badischen Steuerfahnder voll zu rehabilitieren. Haben wir sie nicht immer als zahnlose Tiger geschmäht, die mit Ärmelschonern und Thermoskanne in verstaubten Hinterzimmern brüten, ganz darauf fixiert, uns Kleinen die letzte Mark aus dem ohnehin tuberkulösen Geldbeutel zu ziehen, während sie den kriminellen Bossen und Großkopferten mit tiefen Bücklingen das Geld in den Arsch blasen? Alles Lüge!

Tief beschämt müssen wir zugeben: Keiner entschlüpft dem unbestechlichen Zugriff des gemeinen Brühler Finanzbeamten. Treu und mutig versieht er seinen Dienst, schreckt selbst vor lebenden Denkmälern nicht zurück. Und so sitzt denn der Vater der bekanntesten deutschen Spitzensportlerin aller Zeiten wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr tatsächlich im Knast – live zu Mannheim. Das ist eine großartige Leistung der Ermittler, ein saftiger Vorhandvolley mitten ins Herz aller billig und gerecht denkenden Menschen. Stürmischer Applaus von den Rängen ist der hochverdiente Lohn!

Gut, das hätte schneller gehen können, die Brühler Beamten hätten mit ihren Grundschlägen vielleicht etwas mehr Druck machen müssen. Vier Jahre ohne Steuererklärung sind ein bißchen viel, aber letztlich siegt eben doch die Gerechtigkeit – und sei es im Tie- Break. Advantage Steuermoral!

Bei aller Euphorie über den Coup von Brühl sollten wir Peter Graf neben Wasser, Brot und einem Fernsehgerät indessen auch einen kleinen Rest menschlicher Wärme nicht verweigern. Der Mann, der sich vom einfachen Autohändler bis zum großen Steuerbetrüger und selbsternannten Finanzexperten mühsam hochgerackert hat, er liegt nun – der einsamste Mensch dieses Planeten – im Haftkrankenhaus.

Wir fordern deshalb die sofortige Zusammenlegung mit dem zeitgleich eingelochten Dynamo-Dresden-Päsidenten und Baulöwen Rolf-Jürgen Otto. Im Rahmen eines weichen Vollzugs und täglichen Umschlusses ist diesem wahrhaft furchterregenden Doppel zudem jeweils ein Tennisschläger und ein Fußball auszuhändigen. Beim gemeinsamen Sport dürfen sie sich täglich eine Stunde lang über Briefkastenfirmen, Konkursverschleppung, Betrug und Größenwahn unterhalten. amnesty, übernehmen Sie! Manfred Kriener

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