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Punks der Freiheit beraubt

■ Glogowski bestätigt rechtswidrige Haft

Hannover (taz) – Vor dem niedersächsischen Landtag hat Innenminister Gerhard Glogowski gestern bestätigt, daß seine Polizei an den Chaostagen Hunderte von Punks rechtswidrig in Gewahrsam gehalten hat. Das Amtsgericht Hannover habe bisher 670 der Fälle nachträglich überprüft. Davon habe das Gericht lediglich in etwa 200 Fällen den Freiheitsentzug durch die Polizei als angemessen bestätigt. In rund 400 Fällen sei der Freiheitsentzug jedoch rechtswidrig gewesen. In weiteren 85 Fällen, so ging aus den Ausführungen des Innenministers hervor, hat das Amtsgericht die Ingewahrsamnahme von jungen Leuten am Chaos-Wochenende als von vornherein rechtswidrig angesehen. Gegen die meisten Beschlüsse des Amtsgerichts, die implizit der Polizei Freiheitsberaubung bescheinigen, werde die Polizeidirektion Hannover Beschwerde einlegen, kündigte Glogowski an.

Die grüne Abgeordnete Silke Stokar forderte die Hannoversche Staatsanwaltschaft gestern auf, gegen die Polizeiführung umgehend Ermittlungen aufzunehmen. Sie habe an den Chaostagen vorsätzlich die Beugung geltenden Rechts angeordnet und sich in Kenntnis der Rechtslage der Freiheitsberaubung schuldig gemacht. Die über tausend Jugendlichen, die das erste Augustwochenende in Polizeihaft verbringen mußten, sind nach Angaben von Stokar unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten worden. Die in Kasernen untergebrachten Jugendlichen seien über Stunden an den Händen gefesselt worden. Zum Teil hätten sich über hundert in einem auch über Nacht hell erleuchteten Raum aufhalten müssen. Dort habe es keine ausreichenden sanitären Anlagen gegeben. Außerdem seien zahlreiche Jugendliche von Polizisten bedroht und beschimpft worden. Jürgen Voges

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