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Der Klüngel um Rabins Nachlaß hat begonnen

■ In Israels Arbeitspartei hofft man auf einen Sympathieschub durch den Mord

Tel Aviv (taz) – Bereits am Tag nach dem Mord an Jitzhak Rabin wurde in der israelischen Arbeitspartei intensiv über eine Vorverlegung der nächsten Parlamentswahlen diskutiert. Regulär wären die Wahlen zur Knesset erst in einem Jahr fällig. Angesichts des Todes des Ministerpräsidenten schlagen führende Parteimitglieder jedoch vor, die israelische Bevölkerung bereits in drei bis vier Monaten abstimmen zu lassen. Der Generalsekretär der Partei, Nissim Zvili, will den Vorschlag bei erster Gelegenheit mit dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten und Parteiführer Schimon Peres besprechen.

Hinter den Überlegungen steckt die Hoffnung, daß der Mord in der Bevölkerung zu einem kurzfristigen Sympathieschub für die Arbeitspartei führt. Umfragen zur Folge lagen die beiden großen Parteien Arbeitspartei und Likud vor dem Mord etwa gleich auf.

Eine Entscheidung über die Vorverlegung der Wahlen hängt jedoch auch von der Einschätzung der Verhandlungen Israels mit Syrien ab. Politstrategen warnen vor Neuwahlen für den Fall, daß die Aussichten auf einen baldigen Friedensschluß gut seien. Denn unter einem Wahlkampf, in dem sicherlich ein Abzug von den israelisch besetzten Golanhöhen thematisiert würde, werde sich das Verhältnis zu Damaskus verschlechtern. Falls die Aussichten auf ein Abkommen jedoch ohnenhin schlecht stünden, solle schleunigst gewählt werden.

Die Einschätzung der syrischen Position ist jedoch schwierig. Aus Damaskus waren vor dem Mord überwiegend negative Signale gekommen. Gestern jedoch hieß es in der staatlichen Zeitung al-Tischrin, Syrien wünsche einen dauerhaften Frieden. Bei dessen Verwirklichung dürfe keine weitere Zeit verloren werden.

Dabei muß in Jerusalem schnell entschieden werden. Das Parlament muß rechtzeitig ein Wahlgesetz verabschieden. Staatspräsident Ezer Weizmann kann erst in der kommenden Woche – nach sieben Trauertagen – offizielle Beratungen über die Neubildung der Regierung mit den einzelnen Knessetfraktionen abhalten. Allerdings hat der oppositionelle Likud bereits seine Unterstützung für die Aufrechterhaltung der bestehenden Verhältnisse zugesagt. Einer Neuformierung der Regierung mit Peres an der Spitze stünde also von seiten der Opposition nichts im Wege.

Angesichts des „nationalen Traumas“, in dem sich der Staat seit den tödlichen Schüssen befindet, befürworten einige der kleineren rechten und rechtsreligiösen Oppositionsfraktionen die Bildung einer breiten „nationalen Koalitionsregierung“ mit der Arbeitspartei und dem Likud an der Spitze. Die Spitze der Arbeitspartei zeigt sich von dieser Variante jedoch bisher nicht angetan.

Innerhalb der Arbeitspartei wird angenommen, daß Peres als neuer Regierungschef auch weiterhin Außenminister bleiben möchte. Über die weitere Zusammenstellung der Regierung wird spekuliert. Nach einer Variante beabsichtigt Peres, den gegenwärtigen Innenminister und ehemaligen Stabschef Ehud Barak zum Verteidigungsminister zu machen. Das Amt bekleidete zuletzt Rabin. Das Innenministerium sollte demnach der gegenwärtige Generalsekretär der Gewerkschaft Histadrut, Haim Ramon, leiten.

Eine andere diskutierte Version sieht die integration des ehemaligen Außenministers David Levy in die Regierung vor. Der ehemalige Likud-Politiker hat die Partei im Zorn verlassen und führt jetzt eine eigene politische Gruppierung, die eine Koalition mit der Arbeitspartei eingehen könnte.

Falls Peres das traditionelle System beibehält, wonach der Regierungschef gleichzeitig Verteidigungsminister ist, wird wahrscheinlich Jossi Beilin zum Außenminister avancieren. In der Vergangenheit war er Vizeminister im Außenamt, gegenwärtig ist er Minister für wirtschaftliche Planung. Gewerkschaftschef Ramon würde dann die wirtschaftliche Planung übernehmen. Überhaupt deutet vieles darauf hin, daß der dynamische Histadrut-Generalsekretär wieder in die Arbeitspartei zurückkehren wird. Dem ambitionierten Mittvierziger werden gute Aussichten zugesprochen, der nächste Spitzenkandidat der Partei zu werden. Amos Wollin

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