: Mehr Schulden als Gulden bei Fokker
■ Immer neue Milliarden an Verlusten tauchen auf – trotz kleiner Erfolge
Amsterdam (taz) – Das Finanzloch beim niederländischen Flugzeugbauer ist angeblich noch größer als bisher bekannt: Laut Het Financieele Dagblad aus Amsterdam von gestern fehlen dringend 3 Milliarden Gulden (2,7 Milliarden Mark). Auch nach der außerordentlichen Versammlung der Fokker-Aktienbesitzer am Mittwoch abend ist noch immer nicht klar, ob der Flugzeugbauer vom niederländischen Staat eine finanzielle Unterstützung erhält. Nach „Angaben aus zuverlässigen Quellen rund um die Verhandlungen“ zwischen der Muttergesellschaft Dasa und der Regierung soll Den Haag die Hälfte des nötigen Kapitals zuschießen. Ein Daimler-Sprecher in Stuttgart bezeichnete die Zahlen als „reine Spekulation“. Man werde sich erst am Ende der Verhandlungen äußern.
Da Fokker-Chef Ben van Schaik auf der Versammlung am Mittwoch eine flammende Rede zur Rettung des einstigen Stolzes der niederländischen Industrie hielt, scheinen die Verhandlungen zwischen Den Haag und Daimler/ Dasa noch zu laufen. Immerhin konnte van Schaik die Fokker-AktionärInnen informieren, daß der Verkauf von 35 Flugzeugen gelungen sei, die einer Fokker-eigenen Leasing-Gesellschaft gehörten und für ordentliche Verluste sorgten. Die Dasa hat nun mit Hilfe von mehreren Banken und der Daimler-Tochter Debis eine neue Leasing-Gesellschaft gegründet. Durch diesen Trick verschwindet das Problem zunächst einmal aus den Fokker-Bilanzen. Mehr noch, der Verkauf bringt etwa eine Milliarde Gulden in die leere Kasse. Fokker hatte in den letzten Wochen und Tagen versucht, in regelmäßigen Abständen die Öffentlichkeit mit positiven Nachrichten für das vom Steuersparer erwartete Opfer günstig zu stimmen – immerhin will die Regierung ihr knappes Geld nicht in ein aussichtsloses Finanzloch werfen. Die Fokker-Belegschaft ist schon in wenigen Jahren von über 12.000 auf jetzt noch knapp 6.500 gesunken. Fokker konnte in den letzten Wochen immerhin erreichen, daß nunmehr alle Zulieferer Fokker auf Dollarbasis bedienen. Die Produktionskapazitäten sind für das kommende Jahr auch schon ausgereizt. In dieser Woche meldete Fokker den Verkauf einiger Flugzeuge an die brasilianische Gesellschaft TAM und an eine weitere Gesellschaft, die Fokker aber nicht nennen wollte. In Wirklichkeit werden aber all diese Flugzeuge gar nicht verkauft, sondern den Fluggesellschaften ebenfalls verleast. Die TAM ist neben der USAir und American Airline der drittgrößte Kunde. Ob Fokker damit Gewinne macht, ist unklar. Mike te Roll
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