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■ GastkommentarVEBA-Monopoly

Der Koalitionsausschuß tagte und gebar eine Schnapsidee. Der Verkauf der Bremer Entsorgungsbetriebe an die Stadtwerke soll gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: ein ordentliches Sümmchen als Verkaufserlös einnehmen und Verantwortung für künftige Gebührenerhöhungen abgeben. Prima Idee, aber leider nach keiner Richtung zu Ende gedacht.

Wer glaubt im Ernst, daß die Abfallwirtschaft kostengünstiger wird, wenn unter dem Dach der Stadtwerke ein kommunales Monopolunternehmen mit undurchschaubaren Strukturen geschaffen wird? Das hieße, den Bock zum Gärtner zu machen. Wie konnten Noelle-Neumann & Co. für einen so typisch sozialdemokratischen Vorschlag die Hand heben? Auf Parteitagen das Hohelied der Marktwirtschaft und des Mittelstands singen, und dann sowas. Große Koalitionen verderben schnell die Sitten.

Ein Verkauf der Bremer Entsorgungsbetriebe – an wen auch immer – ginge auf Kosten der Gebührenzahler: Wenn man den Verkaufspreis für die BEB hochrechnen will, muß man dem Käufer einen hohen Gebührenspielraum einräumen, damit die Rendite stimmt. Die Bürgerschaft dürfte dann noch den Beschlußautomaten spielen, um die Gebühren abzusegnen. Die Gewinne würden privatisiert, der öffentliche Ärger sozialisiert.

Hinter den Stadtwerken steht inzwischen die VEBA als einflußreicher Miteigentümer. Wer es wissen will weiß, daß die großen Energiekonzerne dabei sind, auch den „Entsorgungsmarkt“ unter sich aufzuteilen. Mit der Übernahme der BEB würde der VEBA nun auch die Abfallwirtschaft in Bremen zugeschanzt – Dummheit oder Absicht? Fehlt nur noch, daß die Tochter Vebacom die Kontrolle über das öffentliche Telefonnetz und den kommunalen Eigenbetrieb BREKOM übernimmt – dann ist das Bremer VEBA-Monopoly komplett. Angeklopft haben die Herren schon. Auch bei den Stadtwerken, die selbst gern ihre Kabelnetze für Telekommunikationsdienste vermarkten möchten.

Es gibt Felder, auf denen eine Kooperation zwischen BEB und Stadtwerken vernünftig ist, z.B. beim Betrieb der MVA und der Auskopplung von Fernwärme. Auch eine verstärkte Zusammenarbeit mit mittelständischen Entsorgungsunternehmen kann sinnvoll sein, um Kosten zu senken oder neue Märkte außerhalbs Bremens zu erschließen. Aber ein Verkauf der BEB würde das Kind mit dem Bade ausschütten. Diese Idee riecht nach Ausverkauf - nicht nur in der Abfallwirtschaft. Ralf Fücks Ralf Fücks ist grüner Bürgerschaftsabgeordneter und ehemaliger Senator für Umwelt und Stadtentwicklung

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