Kommentar: Taschenrechner-Politik
■ Bremens Große Koalition ersetzt Argumente durch Kostenberechnungen
Eigentlich braucht das Land Bremen gar keine Vertretung mehr in Bonn. Wenn im Bundesrat künftig nach der politischen Meinung des kleinsten Bundeslandes gefragt wird, dann reicht auch ein kleiner Taschenrechner aus, um Antwort zu geben.
Nach der gestrigen Senatsdebatte zum Asylbewerber-Leistungsgesetz ist nämlich ein für alle mal geklärt, wie die Große Koalition sich im Zweifel verhalten will. Führt eine Entscheidung zu höheren Kosten in Bremen, wird sie abgelehnt, entlastet sie die Bremer Finanzen, ist die Zustimmung sicher. So einfach kann Politik sein, wenn sich die politische Meinung ausschließlich pekuniär begründet.
Diese neue Bremer Denkweise ist nicht nur dumm, sie ist auch gefährlich. Denn sie kann sich jederzeit gegen das kleinste Bundesland selber richten. Wenn Bremen den Taschenrechner zum Maßstab seiner Politik macht, dann könnte die Politik auch mal den Taschenrechner zum Maßstab Bremens machen. Und käme schnell zu dem Ergebnis, daß es für den deutschen Föderalismus deutlich billiger wäre, auf die Stimme des kleinen Zwei-Städte-Staates an der Weser in Zukunft zu verzichten. Und vermissen müßte man trotzdem nichts. Denn die Bremer Meinung ließe sich ja einfach ausrechnen.
Dirk Asendorpf
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