Ein Gipfeltreffen voller Harmonie

CDU und CSU demonstrieren in Wildbad Kreuth Einigkeit bei der Währungsunion. Als Zuckerl für den Koalitionspartner FDP stellen sie den Abbau des Solidaritätszuschlag in Aussicht  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) – Zu Zeiten des bayrischen Königs Max Josef waren die schwefelhaltigen Quellen von Kreuth bekannt als Heilmittel gegen Gicht, Rheumatismus, Leberleiden und Bleichsucht. Am Wochenende gingen die Präsidien von CDU und CSU in Wildbad Kreuth nicht baden, sondern versuchten im voralpinen Reizklima des Tegernseer Kurortes den Dissens vor allem in der Frage der Europäischen Union zu begraben und die Strategie gegenüber dem Koalitionspartner FDP festzuzurren.

Zwanzig Jahre nach dem in Wildbad Kreuth von der CSU beschlossenen und doch nicht vollzogenen Trennungsbeschluß von der CDU zeigte das gemeinsame Gebet von Kohl, Waigel, Stoiber, Schäuble und Co. in der Kreuther Heilig-Kreuz-Kapelle anscheinend die gewünschte Wirkung. Die von Bundeskanzler Helmut Kohl für das Strategietreffen ausgegebenen Devise lautete, mit „Weitsicht, Mut und Klugheit“ die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Und der konnten alle Teilnehmer folgen. Der EU-Kritiker Edmund Stoiber kuschte, die Diskussion um den Unionskanzlerkandidaten 1998 wurde verschoben, CDU und CSU demonstrierten Geschlossenheit, und dem angeschlagenen Koalitionspartner FDP bot man als Zuckerl an, über den Abbau des Solidaritätszuschlag zu verhandeln. Denn, so Bayerns Finanzminister Erwin Huber, Strategie bedeute nun einmal, die „anstehenden Wahlen zu gewinnen“.

Bei diesem Ziel darf die FDP nicht geschwächt werden. Der von den Liberalen kategorisch für 1997 geforderte und von den Ost-CDU- Spitzen vehement abgelehnte Abbau des Solidaritätszuschlages wird laut Theo Waigel bereits Verhandlungsmasse bei der heute stattfindenen Koalitionsrunde sein. Der Bundesfinanzminister und CSU-Vorsitzende stellte eine schrittweise Reduzierung des Zuchlages in Aussicht, wenn die Bundesländer dem Bund Umsatzsteueranteile übertragen. Ein einfacher Trick der Lastenumverteilung zu ungunsten der Länder.

Auch der Streit um die EU wurde in Kreuth vorerst begraben. Zeitplan und Kriterien der Währungsunion, da waren sich die Präsidien der Unionsschwestern einig, werden nicht geändert. „Wer jetzt unterbricht, muß wissen, daß er leicht abbricht“, warnte Kohl die Euroskeptiker in den eigenen Reihen, allen voran Bayerns Ministerpräsidenten Stoiber. Der hatte zwei Tage vor dem Strategiegipfel in Kreuth noch einmal seine Position klargestellt, daß eine Währungsunion nur Sinn mache, wenn mindestens acht Länder mit von der Partie seien. Alles andere beinhalte die „Gefahr einer Spaltung Europas“. Theo Waigel pochte vergebens auf seine innerparteiliche Richtlinienkompetenz für Europafragen. Doch der bereits bei den Treffen der Bonner CSU-Landesgruppe und der CSU-Landtagsfraktion aufgebrochene Dissens blieb in Kreuth unter der Decke. Harmonie war angesagt. In dieses Konzept paßte auch die eindeutige Absage an Schwarz-Grün von CDU-Generalsekretär Hintze. Der bezeichnete die Grünen als „Sand im Getriebe des Wirtschaftsstandortes Deutschland“. Schwarz-Grün scheide „definitiv für sehr lange überschaubare Zukunft aus“. Das hörten Stoiber und Waigel gleichermaßen gerne.

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